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Wir brauchen eine Kultur des Scheiterns

Foto: Shutterstock

„37 Jahre Zotter und noch immer kurz vorm Durchbruch.“ (Josef Zotter beim Green Business Disruption Summit 2024)

Josef Zotter, Gründer der Zotter Schokoladen Manufaktur, gilt als Vorreiter in Sachen nachhaltiges Wirtschaften und ist ein lebendiges Beispiel für eine Unternehmenskultur, die Fehler nicht als Endstation, sondern als Lernprozess betrachtet. Schon seit 37 Jahren gibt es Zotter in der Ost-Steiermark. 

In einem Panel-Talk beim Green Business Disruption Summit 2024 schilderte der Chocolatier gewohnt offen und direkt, wie er durch Scheitern nicht nur sein Unternehmen optimieren konnte, sondern auch eine ganzheitliche Philosophie entwickelte, die Mitarbeitende, Produkte und die Umwelt gleichermaßen einbindet.

Der Mut zum Scheitern

„Da geh ich lieber Pleite, bevor ich eine klassische Sanierung mache. Was können meine Kunden dafür" (Josef Zotter zu seinem Steuerberater als es um Insolvenz seiner Konditorei-Filialen ging)

„Scheitern gehört zum Unternehmerdasein“, so Zotter. Die wohl prägendste Krise seines Lebens erlebte er, als seine expandierende Konditorei-Kette insolvent wurde. Eine Sanierung, Einsparungen, Personalabbaue standen an. Mitten in der Krise stand er vor einer wegweisenden Entscheidung: Aufgeben oder neu beginnen. Zotter entschied sich für Letzteres und sanierte sein Unternehmen über drei Jahre hinweg… indem wir langsam suggestive das Unternehmen verkleinerten. In weiterer Folge gründete er das Schokolade-Unternehmen Zotter, das heute weltweit für seine innovative und nachhaltige Schokolade bekannt ist.

Er betont, wie wichtig es ist, nicht in Selbstmitleid zu verfallen. Nicht die anderen sind schuld „Scheitern bedeutet, innezuhalten, die Situation zu analysieren und mutige Entscheidungen zu treffen. Es ist ein Prozess, der Neues hervorbringt.“ Die Insolvenz zwang ihn, die Grundlagen seines unternehmerischen Handelns radikal zu überdenken, keine Bank-Schulden mehr... was letztlich den Weg zu seinem heutigen Erfolg ebnete.

Nachhaltigkeit macht krisenfest

„In-sourcing statt out-sourcing.“

Ein zentraler Baustein in Zotters Erfolgsgeschichte ist seine nachhaltige Unternehmensstrategie. Als Pionier für Bio- und Fairtrade-Produkte zeigt er, dass eine ökosoziale Wirtschaft nicht nur ethisch, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Zotter erklärt: „Nachhaltigkeit kostet zunächst mehr, aber sie rechnet sich langfristig – sowohl ökonomisch als auch ökologisch.“ Alle Krisen der letzten Jahrzehnte (Stichwort: Energiepreise, Corona, Kostensteigerungen usw.) gingen an dem Unternehmen vorüber. Das mag auch daran liegen, dass das Unternehmen mittlerweile zu 64% Energieautark ist. 

Er betonte, dass Transparenz und Qualität entscheidend seien, gerade in Krisenzeiten. Als die Energiepreise stiegen und globale Lieferketten zusammenbrachen, profitierte sein Unternehmen von lokalen Produktionskreisläufen und direktem Handel mit Kakaobäuer:innen, oder vom Segelschifftransport von Kakao, weil plötzlich günstiger.

Weg von Hierarchien, die Menschen im Mittelpunkt

„Gebt‘s den Leuten a g’scheids Essen.“

Zotter hebt hervor, dass der Umgang mit Mitarbeitenden ein zentraler Aspekt seiner „Kultur des Scheiterns“ ist. Sein Credo: Zufriedene Mitarbeitende sind der Schlüssel zu belastbaren Unternehmen. Das spiegelt sich in eigentlich gewöhnlichen Maßnahmen wider: kostenlose frisch gekochte Bio-Mahlzeiten mehrmals pro Tag für alle Mitarbeitenden, Betriebskindergarten in Ferienzeiten und eine flache Hierarchie, in der er selbst regelmäßig an der „Werkbank“ steht.
 

„Der Chef gehört zur Werkbank.“

Auch in der Krise verzichtete Zotter darauf, an Qualität oder Personalkosten zu sparen. Stattdessen setzte er auf Transparenz und Einbindung: „Wenn alle die Situation verstehen, entstehen gemeinsam die besten Lösungen.“ Der Preis ist immer die Summe aller Ausgaben.

Das soziale und das rationale Herz

„In meiner Brust haben sich zwei Herzen gebildet: das soziale Herz und das gnadenlose brutale Unternehmerherz, das auch sein muss.“

Zotter beschreibt die Dualität, die jede unternehmerische Entscheidung prägt, als „das soziale und das rationale Herz“. Während das soziale Herz für Fairness und Nachhaltigkeit schlägt, bleibt das rationale Herz auf die Wirtschaftlichkeit fokussiert. „Beides muss im Gleichgewicht sein“, betont er.

Sein Unternehmen nutzt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft, das Umweltressourcen schont und gleichzeitig Unabhängigkeit von globalen Krisen schafft. „Ein Unternehmen muss wie ein Organismus funktionieren. Es darf nicht an einer einzigen Ressource hängen“, so Zotter.

Der Appell: Eine neue Unternehmenskultur

„Wir müssen lernen, dass Fehler kein Makel sind, sondern Chancen für Innovation.“

Zotter fordert eine gesellschaftliche Bewegung hin zu einer Unternehmenskultur, die Fehler als Teil des Wachstums akzeptiert. „Wir müssen lernen, dass Fehler kein Makel sind, sondern Chancen für Innovation.“ Sein Erfolg zeigt, dass eine nachhaltige und menschenzentrierte Unternehmensführung langfristig tragfähig ist.

Der Unternehmer plädiert dafür, auch in Bildung und Politik stärker auf eine Kultur des Ausprobierens und Lernens zu setzen. „Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Raum für Kreativität und Mut.“

Scheitern kann der Anfang von etwas ganz Großem sein

Josef Zotters Geschichte ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie aus einer Krise eine Erfolgsgeschichte entstehen kann. Mit seiner Philosophie beweist er, dass Scheitern nicht das Gegenteil von Erfolg, sondern in seinem Fall sogar Voraussetzung dafür war. Das funktioniert aber nur, wenn man den Mut hat aus Fehlern zu lernen und neue Wege zu gehen.

In diesem Sinne, blicken wir optimistisch auf das Jahr 2025 auch wenn es nicht in allen Unternehmen nur rosig beginnt. Diskutieren Sie mit uns über zukunftsfähiges Wirtschaften beim Green Business Disruption Summit 2026!