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Erfolgreich teilen: Wie Top- und Jobsharing die Arbeitswelt verändern

Bild: Shutterstock

Leadership NOW: Jobsharing

Der Arbeitsmarkt ist in einem stetigen Wandel. Neben dem eklatanten Fachkräftemangel, wollen oder können Arbeitnehmer:innen sich nicht mehr in das klassische Vollzeitmodell mit Firmenauto als Goodie stecken lassen. Flexible Arbeitsmodelle sind demnach nicht mehr nur Optionen, sondern ein Muss, wenn man Mitarbeiter:innen anwerben und vor allem halten möchte.

Innovative Konzepte sind somit entscheidend für das Recruiting neuer Talente. Eines davon ist Jobsharing, das enormes Potenzial birgt, wie eine Studie von Stepstone Österreich "Recruiting in Österreich"  zeigt.

Jobsharing in Österreich

Laut dieser Studie sehen Österreichs HR-Expert:innen (mehr als 250 Recruiter:innen nahmen teil) etwa beim Wiedereinstieg nach der Karenz (87 %), in Kombination mit Altersteilzeit und Wissenstransfer (83 %), im Nachfolgeaufbau (58 %), um Frauenkarrieren zu fördern (43 %) sowie bei schwer zu besetzenden Stellen (30 %) die größten Vorteile von Jobsharing. Dennoch setzen nur etwa 10 Prozent der Befragten das Modell tatsächlich um. “Die Mehrheit scheitert bereits beim Gedanken, an einen zu großen Verwaltungsaufwand” (58 %). 

Jobsharing wird, laut der Stepstone-Recruiterstudie 2023, als flexibles Arbeitszeitmodell aktuell jedoch nur von 10% der befragten Unternehmen angeboten.   

Top-Jobsharing: ein Best Practice Beispiel

Die ÖBB steht vor der großen Herausforderung, in den nächsten Jahren 40% seiner Mitarbeiter:innen in den Ruhestand zu „verlieren“. Eine große Aufgabe in Zeiten von Fachkräftemangel und dem sogenannten war for talents.

Es gilt innovative Rekrutierungsstrategien zu entwickeln und auf die sich ändernden Bedürfnisse und Erwartungen unserer Arbeitswelt einzugehen. Unternehmen müssen neue Ansätze erkunden, um den steigenden Anforderungen des Wettbewerbs gerecht zu werden und die junge Generation für flexible Arbeitsmodelle zu gewinnen. 

Thomas Kreiter am Podium bei LSZ
Foto: Thomas Kreiter beim Future of Work-Kongress 2024 zum Thema "Nachhaltigkeit im Personalmanagement"  ©LSZ

Wie kann dieses Vorhaben gelingen? Wir haben am Future of Work-Kongress 2024 mit Thomas Kreiter, Personalchef der ÖBB-Infrastruktur sowie Katarina Roder und Veronika Unterlerchner, die sich die Leitung der Abteilung „Personalentwicklung und Kultur“ teilen, über ihr erfolgreiches Co-Leadership-Modell gesprochen. Das Ziel der ÖBB ist es, mit passenden Angeboten wie Jobsharing, die Vielfalt der Gesellschaft zu nutzen und ihr volles Potenzial - insbesondere die 50 % der Bevölkerung, die Frauen sind – auszuschöpfen.

Generationenwechsel gestalten und Vielfalt fördern

Führung heute, heißt neue Wege zu gehen. Personalleiter Thomas Kreiter, hat das Modell des Top-Jobsharings im Unternehmen aufgebaut und damit einen kulturellen Wandel bei der ÖBB angestoßen. 

Das Modell des Co-Leaderships ist freilich kein Neues, jedoch ist es in Österreichs Führungsebenen noch immer mehr Ausnahme als Annahme. Dabei zeigt sich, dass geteilte Führung bessere Ergebnisse bringt: 60 % der von Co-CEOs geleiteten Firmen sind profitabler als vergleichbare Organisationen mit nur einer Person an der Spitze. 
 

Das volle Potential des Arbeitsmarktes ausschöpfen

Job-Tandems sollen bei der ÖBB mehr Mitarbeiter:innen anziehen und eine Karriere in Teilzeit für Menschen mit privaten Verpflichtungen ermöglichen. Garantiert werden dabei eine Vier-Tage-Woche sowie kurze Arbeitstage. Die Leitungsfunktion muss gedeckt sein, aber wer diese wann abdeckt ist flexibel. Und das Pilotprojekt hat voll eingeschlagen: für die ausgeschriebene Stelle Abteilungsleitung Personalentwicklung und Kultur, gab es 30% mehr Bewerbungen als sonst, da diese als Jobsharing ausgeschrieben war.

„Jobsharing bringt Vielfalt und Vielfalt füllt freie Stellen, so Veronika Unterlerchner, die mit ihrer Bewerbung für die Teilzeit-Führung überzeugt hat. Sie streicht die Wichtigkeit innovativer Arbeitsmodelle hervor: „Es geht darum attraktive, flexible Arbeitsmodelle anzubieten und das volle Spektrum der Arbeitsmarktmöglichkeiten auszunutzen. 

Key Learnings beim Co-Leadership-Modell

Das Um und Auf für ein erfolgreiches Co-Leadership-Modell ist neben einem guten Matching, „die Bereitschaft zu Teilen: Verantwortung und Aufgaben, aber auch Erfolge, Chancen und Macht“ betont Katarina Roder als Key Learnings der geteilten Führungsposition. "In diesem Sinne teilen wir ebenso unser Know-How und unsere Erfahrungen, die wir in dieser Shared Position mitbringen. Zu zweit die Führung zu haben heißt aber auch, dass wir uns gegenseitig ergänzen, und so voneinander lernen."

Roder weiter: ,,Es ist definitiv ein großer Vorteil, einen Sparringpartner zu haben. Unsere Führungsstile und Wertesysteme ergänzen sich zudem auch gut. Somit weiß ich, dass Veronika meine Werte und Einstellungen bei der Führung immer vertreten kann. 

Und was hält das Team davon? „Wir haben viel positives Feedback von unserem Team bekommen, weil sie auf zwei Führungskräfte statt nur eine zurückgreifen können,“ so Roder.

Jobsharing – ein Modell für alle?

Funktioniert das nur bei einem Büro-Job? Nein, das Ziel der ÖBB ist es auf lange Sicht, dieses Erfolgsmodell zukünftig auf alle Bereiche auszuweiten damit, beispielsweise auch Schwerarbeiter (hier muss nicht gegendert werden) entlastet werden. „Jobsharing muss für alle möglich sein, auch für jene im operativen Geschäft außerhalb der Büros, fordert Veronika Unterlerchner.

Katarina Roder u Veronika Unterlerchner bei LSZ
Foto: Katarina Roder und Veronika Unterlerchner bei ihrem Workshop zum Thema "Erfolgsstory Job- und Topsharing" ©LSZ



Die Vorteile für Arbeitnehmer:innen mit Kindern liegen auf der Hand. Das Interesse an dem Modell ist aber keineswegs an Elternschaft gebunden, erzählt Kreiter im Interview. Begonnen habe das Modell bei der ÖBB mit zwei Mitarbeiterinnen im Assistenzbereich, die noch in Ausbildung waren und daher Zeit neben dem Studium gebraucht haben. Andere Motivationen können Pflegeverantwortungen, körperliche Belastungen, Fortbildungen oder das Bedürfnis nach mehr Freizeit sein. 

Kreiter: „Wir lernen als Unternehmen, dass es einen unglaublichen Wert hat, dass Menschen, die aufgrund privater Verpflichtungen eine längere Auszeit in Anspruch nehmen, auf ihrem Karriereweg bleiben können. Das ist gut für die jeweiligen Mitarbeiter:innen, aber genauso auch für uns als Unternehmen, weil es uns Kontinuität und Mitarbeiter:innen sichert, die wir als Gestalter:innen dringend bei uns brauchen.“ 

Einfach ausprobieren

Personalleiter Kreiter möchte Unternehmen ermutigen, den Schritt zum Jobsharing zu wagen, denn die Vorteile liegen für ihn klar auf der Hand: „Sie ermöglichen ein besseres Zusammenspiel von beruflichen und privaten Verpflichtungen, fördern die Kreativität und Innovation durch den Austausch verschiedener Perspektiven und unterstützen die Gleichstellung, indem sie allen voran Frauen den Zugang zu Führungspositionen erleichtern.“

„Jedenfalls ausprobieren“, sagen auch Unterlerchner und Roder, dabei „flexibel sein und darauf reagieren, was auf einen zukommt. (Unterlerchner) Und nicht vergessen: „Workarounds sind auch okay. Also es muss nicht alles sofort funktionieren.“ (Roder)

Jobsharing ist ein Win-Win für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen, wenn es um die Teilzeitfrage geht und bekanntlich hält doppelt besser! 

Der nächste Future of Work-Kongress findet von 21.-22. Mai 2025 statt!