Hat „Diversity & Inclusion“ im Schatten der wirtschaftlichen Herausforderungen der Pandemie an Relevanz im Top-Management verloren? Wie wirkt sich die aktuelle soziale und wirtschaftliche Krise in Unternehmen aus? Wir haben bei den Geschäftsleitungen von drei unterschiedlichen Unternehmen nachgefragt: Dem Familienunternehmen Markas, dem Konzern Energie Steiermark und dem Multinational Accenture.
Bei einem Future of Work CEO Diversity Talk in Kooperation mit unserem Partner myAbility Wirtschaftsforums gingen wir mit den drei Unternehmen unter anderem der Grundsatzfrage nach, ob Diversität und Inklusion Chef-Sache ist, warum und wie sich Unternehmen generell dem Thema widmen und ob die weltweite Pandemie etwas an ihrem Zugang geändert hat.
Die GeschäftsleiterInnen Gerlinde Tröstl (Markas), Martin Graf (Energie Steiermark) und Günther Weberndorfer (Accenture) gaben Einblicke in ihre Unternehmen und sprachen offen und sehr persönlich darüber, welcher Diversitätsdimension sie selbst angehören.
Beschäftigen sich Unternehmen bewusst mit dem Diversitätsthema, um ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen, um der Gesetzgebung und politischen Vorgaben gerecht zu werden, oder weil sie wirtschaftliches Potenzial erkennen? Oder geht es nur darum gesellschaftlichen Trends zu folgen und positive mediale Aufmerksamkeit zu erhalten?
Gerlinde Tröstl leitet mit Markas ein Facility-Service-Unternehmen mit 2.200 MitarbeiterInnen aus über 70 Nationen und bestätigte eines der Ergebnisse aus der Publikumsumfrage: Natürlich habe man im Top-Management auch wirtschaftliche Interessen, aber im Fokus einer Unternehmung sollte immer der Mensch stehen:
"Ich sehe es als gesellschaftliche Verantwortung für Unternehmen in unserer Größe dem Thema Inklusion auf der strategischen und Geschäftsführungs-Ebene Raum zu geben."
Als Vorstandsmitglied der Energie Steiermark verdeutlichte Martin Graf, dass die gesellschaftspolitische Verantwortung der große Motivator sei, der immer wieder antreibe. Er erwähnte aber auch, dass die Gesetzeskonformität für ein Unternehmen, das im Eigentum des Landes Steiermark ist, auch Relevanz habe. Besonders begeistere ihn die Innovationskraft diverser Teams:
"Durch diverse Teams, durch Vielfalt, wird mehr gestaltet – daher sehen wir das Thema sehr positiv und auch mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden."
Der Managing Partner von Accenture, Günther Weberndorfer, brachte die internationale Perspektive mit in die Diskussionsrunde. Neben einer inklusiven Unternehmenskultur, die für ein globales Unternehmen eine Grundvoraussetzung für Erfolg sei, geht es seiner Meinung nach vor allem darum, so viele unterschiedliche Blickwinkel in das Unternehmen wie nur möglich zu bekommen. Als Unternehmensberatung sei das essenziell, um überhaupt kreative Lösungen für die komplexen Herausforderungen unserer Zeit schaffen zu können.
D&I ist eine Aufgabe des Leadership
So unterschiedlich die Unternehmensstrukturen der Speaker auch waren, so einig waren sie sich bei der Frage der Verantwortlichkeit. Die Personalabteilungen spielen eine wichtige Rolle, aber um Inklusion auch wirklich zu leben braucht es vor allem die Führungskräfte. Für Günther Weberndorfer war klar, dass Diversity-Fragen in erster Linie beim Leadership angesiedelt sein sollen, da nur durch ein Vorleben eine inklusive Unternehmenskultur entstehen kann:
"Die Kultur ist das Herz. Ich möchte hier einen Platz schaffen, wo sich alle wohl fühlen und wir gemeinsam Größeres leisten können."
Corona verschiebt Wertigkeiten
Aus wirtschaftlicher Sicht waren die drei Unternehmen weniger von der Corona-Krise betroffen. Die Art und Weise der Arbeit hat sich allerdings massiv verändert - mit einem gemeinsamen positiven Outcome: Der Mensch rückte wieder verstärkt ins Zentrum.
Während sich Frau Tröstl vor allem über die Steigerung des Ansehens Ihrer MitarbeiterInnen im Reinigungsbereich freut, berichtete Herr Graf, dass es durch die wirtschaftliche Stabilität gelungen sei, viele der D&I-Programme erfolgreich zu digitalisieren und auszubauen. Herr Weberndorfer verdeutlichte, wie offensichtlich es durch die neue Arbeitsgestaltung wurde, zukünftig noch achtsamer zu sein und auf die individuelle Situation von MitarbeiterInnen und Teams einzugehen.
Diese Beispiele untermauerten das Ergebnis einer Publikumsumfrage. Hier gab die Mehrheit der TeilnehmerInnen an, dass Diversity & Inclusion durch die Pandemie sogar an Bedeutung in Unternehmen gewonnen hat.
Diese Auffassung teilen die Veranstalter myAbility und Future of Work und werden daher bei weiteren Veranstaltungen verstärkt auf Inklusion und Chancengerechtigkeit in unserer Arbeitswelt hinweisen:
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