Von der digitalen Euphorie über die Ernüchterung zur postdigitalen Klarheit
Die große Digitalisierungs-, Automatisierungs- und KI-Euphorie hat viele gerade noch aufgesprungene Organisationen zu Mitfahrern auf dem "Zeitgeist-Express" gemacht. Mit Höchstgeschwindigkeit in die Zukunft, aber ohne klares Ziel. Der Redner, Berater und Autor Peter Baumgartner bricht klar mit diesem Narrativ: Zukunft entsteht nicht durch blinde Technikgläubigkeit, sondern durch die Kunst der Verbindung, menschliche Haltung und emotionale Intelligenz.
Technologie: vollkommen überbewertet und gefährlich, wenn sie entkoppelt ist
Technologie macht nicht glücklich. Diese provokante These stützt sich auf mehrere Studien zur Entwicklung des subjektiven Wohlbefindens in digitalisierten Gesellschaften. So zeigen Erhebungen der OECD, dass die Zufriedenheit trotz technischer Fortschritte seit Jahren stagniert oder sogar sinkt OECD, Better Life Index, 2023. Baumgartner bringt es auf den Punkt: "Digitale Euphorie knallt auf emotionale Leere." Die Folge ist eine selbstgemachte Führungskrise. Legen Organisationen ihren Fokus ausschließlich auf Effizienz, Daten und Algorithmen, verlieren sie das Allerwichtigste: die Menschen.
Emotional intelligente Führung als Beziehungskunst
Wer Menschen gewinnen will, muss sie zuerst berühren, dann begeistern und schafft es so, sie zu bewegen. Wer Teams führen will, muss sie emotional erreichen. Leadership beginnt nicht mit Methoden, sondern mit Haltung. Baumgartner postuliert die zwei menschlichen Hauptantriebskräfte: Liebe und Angst. Beide sind zeitlose Motivationsfaktoren, die sich nicht digitalisieren lassen. Sie erzeugen Bindung oder Distanz. Gerade heute ist emotionale Intelligenz eine strategische Ressource und ein strategischer Gewinn.
Die Jugend verstehen, nicht bewerten
Die junge Generation wird oft kritisiert: zu bequem, zu sprunghaft, zu wenig belastbar. Baumgartner widerspricht. Statt über sie zu urteilen, müssten wir erkennen, was sie von der Zukunft erwartet. Junge Menschen stellen Sinnorientierung und authentische Kommunikation über Status oder Gehalt. Deloitte Global 2025 Gen Z and Millennial Survey. Wer auf die Jugend setzt – alles andere wäre ohnehin unmöglich - muss sich ihrer Sprache, ihren Werten und zwingend ihren Erwartungen stellen.
Transformation braucht Irritation
„Mittelmäßige Organisationen erreichen mittelmäßige Ergebnisse. Wer dazugehört, wird es künftig schwer haben", sagt Baumgartner. Jede Erneuerung beginnt mit der Bereitschaft, anders zu denken und riskiert Unverständnis. Die Automarke Lada, so heißt es bei ihm augenzwinkernd, wusste bereits vor Jahrzehnten, wie das Auto der Zukunft aussieht. Gemeint ist: Mut zur Abweichung ist kein Fehler, sondern Voraussetzung für Fortschritt.
Mensch und Maschine: Eine Frage der Kultur
Kapital kann man beschaffen. Technologie kann man einsetzen, aber Menschen muss man gewinnen. Und das gelingt nur in einer Kultur, die Vertrauen und Zugehörigkeit lebt. Die Verbindung zwischen Mensch und Maschine ist keine technische, sondern ein kulturelle Passung. Wer rein technokratische Transformationen anstrebt, scheitert an der Schnittstelle. Die Postdigitalisierung fordert Menschen und Organisationen heraus, sich ihrer analogen Kompetenzen zu besinnen: empathisches Zuhören und menschliche Präsenz
Postdigitalisierung: Vom Digital-Mythos zur Menschlichkeit
"Liebe lässt sich nicht digitalisieren" – dieser Satz steht sinnbildlich für Baumgartners Kritik an einer überzogenen Technikorientierung. Der Mythos, dass mehr Technologie automatisch zu besserer Arbeit, mehr Innovation und glücklicheren Menschen führt, zerbricht an der Realität. Das scheinbare "Phantomklingeln" (Ringxiety) des Handys oder der generelle Aufmerksamkeitsverlust zeigt, dass wir an manigfaltigen Überreizungen leiden. Zukunftsfähigkeit entsteht erst dann, wenn Organisationen bereit sind, den Menschen wieder ins Zentrum zu rücken.
Führung ist menschliche Verbindung und Verantwortung
Menschlichkeit ist kein Nice-to-Have mehr und war es auch noch nie. Menschlichkeit ist vielmehr ein entscheidender Vorteil. Studien, wie jene von McKinsey zeigen, dass empathische Führung zu höherem Engagement, geringerer Fluktuation und besserer Performance führt. McKinsey, 2024: The Value of Empathetic Leadership. Wer Menschen führen will, muss sie ernst nehmen. Wer Unternehmen entwickeln will, muss Kultur entwickeln. Und wer Zukunft gestalten will, muss den Mut haben, anders zu denken und zu fühlen.
Der andere Mensch als Luxus
In einer Welt voll automatisierter Prozesse und Chatbots, Algorythmen und Self-Service-Plattformen wird der direkte menschliche Kontakt zum Luxus. Das gilt für externe Kundenbeziehungen wie für interne Zusammenarbeit. Dies gilt für Alltagssituationen ebenso: Der Arzt, der sich Zeit nimmt. Die Kollegin, die zuhört. Der Chef, der nicht abwinkt, sondern nahbar ist. Baumgartner plädiert für eine neue Qualität, er plädiert für eine Renaissance des Analogen: "Analog ist das neue Bio."
Kultur als Standortvorteil
Gerade jetzt verschiebt sich das Gravitationszentrum der Weltwirtschaft mehr und mehr. Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in einem geografisch eng umrissenen Raum in Asien. Diese Regionen setzen auf Gemeinschaft und Bildung, Technologie und Familienwerte. Während wir in Europa oft in regulatorischen Debatten stecken bleiben, ziehen andere Länder mit enormer Geschwindigkeit an uns vorbei. Unsere Antwort ist keine blinde Technologiegläubigkeit, sondern ein tiefgreifender Kulturwandel in den Organisationen. Wir brauchen den kulturellen Boden für: Zugehörigkeit, Vertrauen, Sinn.
Die Zukunft gehört den Mutigen
Peter Baumgartner spricht nicht nur über Zukunftsfähigkeit - er ruft zu ihr auf. Wer Menschen begeistern, Teams entwickeln und Organisationen zukunftsfit machen will, braucht Mut. Mut, sich selbst zu reflektieren. Mut, Irritationen zuzulassen. Mut, neue Verbindungen einzugehen. Mut verändert alles. Nur wer vorne die Schienen legt, bestimmt die Richtung des Zeitgeist-Expresses. Wer mutig führt, schafft Zukunft. Wer führt, gewinnt.
Peter spricht am AI-Challenge Accepted! Summit 2025 in Linz. Lassen Sie sich das nicht entgehen - noch sind wenige Tickets verfügbar.