Wenn Schauspieler abends ins Theater gehen, dann ist ihnen eine Sache völlig klar:
Sie wissen genau, welches Stück sie spielen. Sie kennen ihre Rolle und sie wissen, warum dieses Stück im Spielplan steht und unbedingt einem Publikum gezeigt werden muss. Und natürlich wissen sie auch, wie sie das am besten tun.
Wenn wir uns dagegen in Unternehmen umschauen – oder unser Leben betrachten – dann lässt sich feststellen, dass vielen Menschen nicht so klar ist, in welchem „Stück“ sie Tag für Tag unterwegs sind. Und schon gar nicht wozu. Manche haben das Gefühl, dass das gar nicht ihr Stück ist, das da gespielt wird, sondern irgendein fremdes, merkwürdiges, in das sie halt irgendwie hineingeraten sind – und zwar als Nebenfigur, nicht als Hauptdarsteller. Ein Stück, in dem sie sich nicht einmal so richtig auskennen, geschweige denn wohlfühlen.
Und spreche ich nach meinen Keynotes oder Workshops mit Führungskräften ein und desselben Unternehmens, dann stelle ich regelmäßig fest, dass gar nicht alle Beteiligten ein- und dasselbe Stück spielen – sondern verschiedene. Und dann wird es abenteuerlich. Das funktioniert zwar scheinbar irgendwie – aber eben auch nur scheinbar und auch nur irgendwie. So richtig befriedigend ist das nicht. Und produktiv schon gar nicht.
Auf der Theaterbühne wäre das undenkbar. Das funktioniert einfach nicht.
Die Theaterbühne verträgt kein „irgendwie“. Sie ist kompromisslos. Sie fordert Klarheit. Sie fordert Relevanz. Sie fordert das, was ich „wesentlich sein“ nenne.
Ich habe über 30 Jahre als Theaterschauspieler an verschiedenen Theatern gearbeitet, war lange Schauspiellehrer und seit vielen Jahren übertrage ich Theatermethoden auf Business- und Lebensbühnen. Und je länger ich das mache, desto mehr staune ich über die Parallelen von Theater, Business oder Alltag.
Heute halte ich Vorträge und unterstütze Einzelpersonen und Organisationen dabei wesentlich zu werden. Konkret bedeutet das: Ihr Business und Leben relevanter, wirkungsstärker und sinnstiftender zu gestalten.
Dabei greife ich auf Methoden und Wirkungsmechanismen des Theaters zurück. Das hat in seiner Jahrtausend-alten Geschichte erforscht und erpropt, wie man im analogen Raum sein Anliegen wirkungsstark kommuniziert – so, dass es das Gegenüber erreicht, bewegt und in Erinnerung bleibt. Und gerade in unserer immer digitaleren Welt wird es immer bedeutender, auch den analogen Raum zu beherrschen und gut zu „bespielen“.
Nicht schlaue Inhalte sind das, womit wir punkten, sondern das Erlebnis, das wir gestalten.
Die Grundmechanismen des Theaters lassen sich hervorragend auf unser Leben übertragen.
Denn: Was da vorne auf der Theaterbühne gilt und funktioniert, gilt und funktioniert auch auf deiner Business- Bühne.
Und größer gedacht: Auch auf deiner Lebensbühne.
In meinen Keynotes lade ich Menschen dazu ein, ihr Unternehmen/ihr Leben in Gedanken auf die Bühne zu stellen und als Theaterstück zu betrachten.
Und ich stelle die gnadenlose Frage:
- Wäre dein Leben ein Theaterstück, würdest du dir das gerne anschauen?
- Wäre dein Unternehmen ein Theaterstück, würdest du dir das gerne anschauen?
- Wäre das ein interessantes Stück? würdest du da gerne mitspielen?
- Oder ist das langweilig?
- In welchem Genre wäre dein Stück angesiedelt?
- Tragödie? Komödie? Schmierenkomödie? Romanze? Love-Story? ….
- Wie genau sieht deine Bühne aus?
- Deine Unternehmensbühne. Deine Arbeitsbühne. Deine Alltagsbühne. Deine Lebensbühne???
- Wie bewusst gestaltest du die?
- Gestaltest du die überhaupt bewusst oder überlasst du das dem Zufall?
- Wer spielt in deinem Stück welche Rolle? Sind das Idealbesetzungen? Können die Ihre Rollen? Füllen die sie mit Leben oder sagen die einfach nur den Text auf?
- Und welche Rolle spielst du persönlich? Wie tust du das? Glaubhaft?
- Wie sieht es mit Ensemblegeist In deinem „Theater“ aus?
- Seid ihr in diesem Stück Unternehmensbühne als eingespieltes Ensemble, das sich gekonnt die Bälle zuspielt und sich gegenseitig groß und immer besser macht?
- Oder seid ihr ein Haufen von mehr oder weniger begabten Solisten, die sich in erster Linie nur um sich selbst und das Abarbeiten der eigenen Agenda kümmern?
- Fragen über Fragen, die nach einer schonungslos ehrlichen Antwort schreien.
Die zentrale Frage ist:
Was muss passieren, dass ein auf 2 Stunden komprimiertes Theaterstück da vorne auf der Bühne interessant und relevant ist? Was für Zutaten braucht es, damit „da vorne“ gutes Theater rauskommt. Theater, das uns keine Zeit stiehlt, sondern und etwas angeht, das uns berührt, bewegt, inspiriert, zum Lachen oder Weinen, vor allem aber ins Handeln bringt, das uns gute Ideen liefert, auch konkrete Handlungsanweisungen, das uns Fragen mitgibt, die uns weiterbringen und uns in eine Atmosphäre, eintauchen lässt, die uns verzaubert und uns staunen lässt?
Und wenn das für manche sehr „super-soft-skillig“ klingen mag - wieso sollte man nicht auch ein wenig Zauber, ein wenig Magie ins Business bringen? Vor allem, wenn sich dadurch die Produktivität signifikant erhöht?
Was muss also passieren, damit die Zeit auf deiner Bühne wirklich wesentlich wird?
Und „wesentlich“ ist nicht nur als ethisches, moralisches oder künstlerisches Kriterium zu verstehen. „Wesentlich sein“ bedeutet auch: notwendig, effizient, produktiv, erfolgreich, auf den Punkt gebracht. Wesentlich ist das Gegenteil von beliebig.
Will man lernen wie man mehr Klarheit, Relevanz und Ausdruck in sein Leben bringt - und letztlich auch Erfolg - dann ist die Theaterbühne ein hervorragender Ort dafür.
Wir stehen ständig auf Bühnen. Nicht nur in unseren Vorträgen oder Präsentationen, in jedem Meeting, in jedem Kunden- oder Mitarbeitergespräch und natürlich auch in unserem Privatleben.
Und auf der Bühne wird man gesehen. Auf der Bühne erzeugt man Wirkung. Nicht immer erzeugen wir die Wirkung, die wir erzeugen wollen, aber wir wirken.
Durch die Worte, die wir sagen, vor allem aber durch die Art und Weise, wie wir sie sagen. Durch die Art und Weise, wie es uns gelingt unsere Inhalte auf die Bühne zu stellen und sie zu kommunizieren. Vor allem aber durch die Art und Weise, wie wir SIND. Als Persönlichkeiten.
Das Basis-Kochrezept für einen besonderen Theaterabend - und das ist 1:1 auf dein Business und dein Leben übertragbar - ist einfach:
Es besteht aus drei Zutaten. Nicht mehr. Aber die müssen passen. Damit es auf der Theaterbühne und ebenso auf ihrer Business- oder Lebensbühne wesentlich wird, müssen drei Bereiche in sich stimmig sein und gut ineinander spielen:
Content.
Zuallererst brauchen wir mal ein gutes Stück. Ohne ein Stück kann man zwar ein bisschen herum improvisieren aber allzu weit kommt man da auch nicht. Wir brauchen Content. Und Content braucht vor allem Klarheit.
Was für ein Stück wollen wir denn überhaupt spielen? Was soll denn auf unserer Bühne gezeigt werden? Und wozu? Was für Rollen gibt es da und wie lassen sich die gestalten, damit sich unser Stück bestmöglich erzählt?
Wir brauchen ein relevantes Anliegen, eine Idee, die mitzuteilen wir für lohnenswert erachten. Und diese Idee verdichten wir zu einem Stück, von dem wir meinen, dass es auf einer Bühne nicht nur bestehen kann, sondern einen echten Mehrwert stiftet. Für uns selbst. Vor allem aber für andere. Und das bedeutet: Blabla raus, nur das zwingend Notwendige rein.
Wie schön wäre die Welt, wenn diese erste Basiszutat eine Selbstverständlichkeit für jedes Meeting wäre. Die Content-Erstellung ist im Theater Job der Autoren. Die destillieren aus einem Haufen von Ideen das heraus, was wirklich wesentlich ist. Und das komponieren sie dann zu einem Stück zusammen, das eine gute Dramaturgie hat, einen guten Spannungsbogen und das idealerweise einen Nerv trifft und Menschen bewegt, inspiriert, ins Handeln bringt.
Alle, die schon mal ein Buch, eine Masterarbeit oder eine Rede geschrieben, eine wichtige Präsentation erstellt haben, wissen was das für ein mühsamer Prozess ist. Themen sammeln, sie ordnen, eine Struktur erstellen, ausformulieren, streichen, verdichten, ratlos wieder von vorne anfangen, alles umschmeißen, doch wieder zur ersten Idee zurückkommen, weitermachen, verzweifeln, alles Tagelang unangerührt liegen lassen, dann neu …durchstarten, dann die besten Ideen killen, weil sie zwar schön sind aber nicht notwendig, weil sie aufhalten und nicht dem Thema, das es zu erzählen gilt, zwingend zuspielen, usw. bis es dann, endlich - meist viel später als gedacht - fertig ist. Ein oft quälender Prozess ist das – wie eine Geburt.
Als Autor einen guten Job machen und für wirklich wertvollen Content sorgen ist sowohl für die Theater-, als auch unsere Business- und natürlich auch unsere Lebensbühne entscheidend. Denn ohne ein vernünftiges Stück kann man gar nichts machen.
Inszenierung
Als zweites brauchen wir eine Inszenierung. Wir brauchen die Regieabteilung. Denn selbst der beste Inhalt erzählt sich nicht von allein. Wir müssen unserem Stück die richtige Form geben. Wir müssen es in den Rahmen setzen, der unserem Inhalt die richtige Bedeutung gibt und der unser Thema zu den Menschen, die wir erreichen wollen, transportiert, sie anspricht und so erreicht, wie wir das wollen.
Wie sieht die Bühne oder der Raum aus? Besetzung? Kostüme, Licht, Maske, wie ist der Rhythmus des ganzen? Was für ein Erlebnis, was für eine Atmosphäre wollen wir gestalten? Wer ist denn überhaupt mein Publikum? Und wie muss ich meine Inhalte servieren, dass genau die, an die ich mich wende, sie verstehen, sie begreifen, sie annehmen können? Das Gestalten einer Customer Journey ist Regiearbeit.
Ein guter Regisseur hat sein Publikum immer im Blick und weiß welche Hebel er betätigen und welche Schrauben er drehen muss, damit die Inszenierung perfekt das ausdrückt und damit seine Botschaft so transportiert, wie er das möchte.
Und dann? Was kommt dann?
Dann kommen am Theater die ganz zentralen Personen ins Spiel: Die Schauspielerinnen und Schaupieler.
Performance
Die erwecken mit ihrer PERFORMANCE die Inszenierung des Stücks, des Content Vorstellung für Vorstellung zum Leben und stellen den Kontakt zum Publikum her. Sie verwandeln den Raum und füllen Ideen mit Emotionen und Worte mit Leben. Die Schauspieler sind die Kommunikatoren am Theater. Ohne Schauspieler kein Theater. Ohne Kommunikatoren kein Business.
Die besten Inhalte verpuffen, wenn sie nicht in der richtigen Form - der richtigen Inszenierung - auf die richtige Weise kommuniziert werden und Ihr Zielpublikum gar nicht erreichen.
Und hier verbrennen die meisten Unternehmen haufenweise Geld.
Es gibt oft großartige Inhalte, Produkte, Dienstleistungen und es mangelt viel zu oft an Klarheit, Prägnanz und Ausdruck in der Inszenierung und der Performance. Zu einem Teil ist das eine reine Mindset-Sache. Zu einem Teil, Handwerk.
Content. Inszenierung. Performance.
Wird in diesen drei Bereichen saubere Arbeit gemacht, dann kommt etwas Bemerkenswertes heraus. Etwas Wesentliches.
Wird in einem dieser drei Bereiche geschlampt, dann nicht.
Wird in mehreren Bereichen geschlampt, dann schon gar nicht.
Das Theater liefert das Knowhow und die Techniken für relevante Inhalte zu sorgen, einen Rahmen zu gestalten, der sie trägt und die richtigen Wirkungshebel für die eigene Performance zu finden. Mit meinen Kunden arbeite ich immer in diesen Bereichen. Alle meine Workshops sind darauf aufgebaut.
Eine grundlegende große Frage steht jedoch über all dem.
Es ist eine Haltungsfrage:
- Was will ich für ein Mensch sein?
- Will ich, dass der Raum heller und wärmer wird, wenn ich ihn betrete, oder dunkler und kälter?
- Wie will ich meine Welt verändern?
- Wofür bin ich Mittel zum Zweck?
Martin Schwanda
wesentlich sein!®
Schauspieler, Keynotespeaker und Coach für starke Auftritte
www.martinschwanda.com
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