Am 15. April 2021 von 10:30-11:30 Uhr baten wir den neuen CIO der Stadt Wien, Dipl.-Vw. Klemens Himpele, zum Online Talk über den Beitrag der IKT zur Krisenbewältigung und -prävention.
Keynote: "Digitales Wien in Zeiten besonderer Herausforderungen"
Die Thematik "Krisenbewältigung und -prävention" stößt derzeit auf sehr viele interessierte ZuhörerInnen. Im Zuge des virtuellen Seminars erfuhren die WebinarteilnehmerInnen diesbezüglich einige wesentliche Aspekte und Herangehensweisen.
Das Webinar drehte sich rund um das digitale Wien in einer Epoche, die angefüllt ist mit noch nie dagewesenen Herausforderungen. Im Fokus standen die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Welchen Beitrag leisten die IKT zur Krisenprävention und zur Krisenbewältigung in besonders schwierigen Zeiten wie diesen? Eine der großen Aufgaben unseres geladenen Experten Klemens Himpele ist es, die Stadt Wien zur digitalen Hauptstadt zu machen. Die Teilnehmenden des Seminars bekamen im virtuellen Raum von erster Hand das digitale Programm für die Stadt Wien präsentiert.
Die Speaker des virtuellen Seminars
- Dipl.-Vw. Klemens Himpele, Leitung der Gruppe "Prozessmanagement und IKT-Strategie" Stadt Wien
- Dr. Gerhard Friedrich, Geschäftsführung 360PM Dr. Friedrich & Partner (Moderator des Webinars)
Erste Kurzumfrage: Welcher Gruppe würden Sie sich beruflich zuordnen? Für die erste Rückmeldung konnten die Teilnehmenden ihr Voting direkt online abgeben:
Öffentliche Verwaltung/Bund, Land, Gemeinde/Stadt): 38 Prozent
Körperschaft, Verein, NGO etc.: 2 Prozent
Unternehmen in öffentlichem Eigentum/Beteiligung: 7 Prozent
Privatunternehmen (IT-Branche): 50 Prozent
Privatunternehmen (nicht IT-Branche): 3 Prozent
Beitrag der IKT zur Krisenbewältigung und -prävention am Beispiel der Wiener Stadtverwaltung
Der Moderator Dr. Gerhard Friedrich übergab das Wort dem Experten Klemens Himpele mit der Bitte, den Zuhörerinnen und Zuhörern des Webinars aufzuzeigen, wie das digitale Wien sich aufstellt und wie es eigentlich arbeitet. Himpele begann mit der Erläuterung, dass die Corona-Krise dazu beigetragen hat, dass das Digitale irgendwie flächendeckend in der Gesellschaft angekommen ist. Natürlich, so der Speaker weiter, gab es schon vor der Pandemie sehr viele Leute, die auf digitalem Wege ihrer Arbeit nachgegangen sind. Doch die Tatsache, dass man plötzlich schier gezwungenermaßen auf Online-Konferenzen oder Videotelefonie umsteigen musste, traf viele BürgerInnen in Österreich und auch weltweit von einem Tag auf den anderen.
Die Digitalisierung ist nun wirklich überall angekommen
Gewisse Arbeiten können auch online erledigt bzw. abgearbeitet werden. Dies betraf bzw. betrifft noch immer auch den Online-Handel sowie andere Online-Angebote. Das Homeoffice oder auch Essenlieferungsdienste werden nach wie vor vermehrt genutzt. Inzwischen präsentieren sich die Erwartungshaltungen in Bezug auf die Möglichkeiten der Digitalisierung anders, als es noch vor 14 Monaten der Fall war. Des Weiteren konnte bemerkt werden, dass der technologische Wandel einige essenzielle Effekte mit sich bringt.
So etwa die Grundlage des Wohlstandes. Gegen diese Basis für den gesellschaftlichen Wohlstand, also gegen den technologischen Fortschritt zu sein, das ist in der heutigen Zeit eine äußerst schwierige Position. Natürlich geht nicht alles digital, so Himpele, vieles funktioniert aus ökonomischem oder aus moralischen Gründen nicht. Das ist jedoch eine andere Frage. Aber zunächst gilt: Technologischer Fortschritt ist das, was unseren Wohlstand ausmacht.
Doch der technologische Fortschritt bzw. Wandel ist nicht neutral. Das bedeutet, er wirkt in den verschiedenen sozialen Settings sehr unterschiedlich. Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice. Das hängt nicht selten stark mit den Zusammenlebenskonstellationen und den verfügbaren Wohnflächen zusammen. Selbst die Technik, so der Experte, ist für den einen zugänglicher als für einen anderen. Die Technik für sich hingegen ist immer dieselbe. Der technologische Wandel verändert das soziale Leben und auch die Arbeitswelt ganz massiv.
Wo, wann und wie macht die digitale Technik Sinn?
Die Aufgabe in der Zeit nach COVID-19 wird es sein, das Thema genau gesellschaftlich zu diskutieren. Da stellt sich die Frage, an welcher Stelle welcher Einsatz von Technik wirklich Sinn macht. Wann ist Präsenz notwendig und wann passt es online besser? Hier spielen natürlich viele Kriterien mit hinein und es kann nur individuell entschieden werden.
Menschen, die weniger mobil sein können bzw. wollen, sehen viel eher in puncto Videokonferenzen ihre Möglichkeiten zum Kommunizieren. Was soll wie digital erledigt werden und wo eignet sich das Analoge? Das Gebot der Stunde, so der geladene Experte, sind mit Sicherheit die Hybride-Angebote. In der Stadtverwaltung wird es immer das Digitale und das Analoge nebenher geben müssen. Unternehmen können sich dafür entscheiden, alles nur noch online abzuwickeln, doch das geht in einer kommunalen Verwaltungsbehörde nicht.
Was hat die Corona-Pandemie ganz unmittelbar ausgelöst?
Laut Himpele gibt es diesbezüglich interne und externe Effekte. Einerseits die Stadt Wien, die hat selber relativ viele MitarbeiterInnen. Hier ging es seit dem Beginn der Corona-Krise darum zu schauen, wie man Homeoffice-Arbeiten durchführen kann und wie Arbeiten so organisiert werden können, dass man gleichzeitig das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung aufrechterhalten kann. Wie kann über entsprechende Schicht-Zuteilung vermieden werden, dass im Falle eines Ausbruches ganze Dienstleistungen der Stadt nicht mehr angeboten werden können?
Die Verdeutlichung der Skalierung
Im Februar 2020, bevor der erste Lockdown beschlossen wurde, hatte die Stadtverwaltung Wien rund 1.000 Videoanrufe pro Monat mit dem System der Stadt Wien. Im November 2020, als der zweite Lockdown in Kraft trat, waren 60.000 Videoanrufe zu verzeichnen. Die Steigerungsrate war also enorm. Diese internen Themen waren sehr spannend. Da die Menschen nun gelernt haben, vermehrt mit der Digitalisierung umzugehen, werden die Werte nicht mehr auf die Zeit vor der Pandemie zurückgehen.
Zu den externen Fragen
Seit geraumer Zeit befasst sich Klemens Himpele sehr stark mit der Pandemiebekämpfung. Ohne IT wäre eine effektive Pandemiebekämpfung nicht denkbar. Das agile Arbeiten war bis vor Kurzem noch alternativlos. Es gibt in der Stadtverwaltung einmal pro Woche einen Steuerungskreis, der die Priorisierungen-Entscheidungen trifft. Diese werden dann umgesetzt, und zwar in zumeist sehr, sehr kurzen Sprints. Das funktioniert so einwandfrei.
Die kulturelle Einstellung zu den digitalen technischen Möglichkeiten
Vieles, so der Speaker, ist uns nicht erst seit der Pandemie bekannt bzw. geläufig. Doch die Krise hat dazu geführt, dass in einer kurzen Zeit ein gewaltiges Umdenken in der breiten Masse der Gesellschaft erkenntlich wurde. So erschlossen sich plötzlich auch Möglichkeiten, andere Projekte digital abzuwickeln. Gleichwohl es in der Stadtverwaltung Wien große Projekte gibt, die logischerweise nicht ohne Weiteres nur agil in Angriff genommen werden können.
Die Zukunft weist uns, beide Wege zu nutzen: sowohl das Analoge als auch das Digitale. Letztendlich geht es pragmatisch auch darum, was man als Großunternehmen machen kann, um einerseits den Nach-Prüfungen unter den Wirtschaftlichkeitsaspekten gerecht zu werden und anderseits die Geschwindigkeit zu erhöhen. Dazu gesellt sich die Frage, wie sich die Auslastung der Ressourcen entsprechend steuern lässt. Genau vor Fragen wie diesen stehen große Unternehmen oder Organisationen.
Herausforderungen der Wiener Stadtverwaltung in der COVID-19-Krise
Was kann und soll die IKT zur Krisenprävention und Krisenbewältigung beitragen? Was hat in der COVID-19-Krise gut funktioniert, wo wurden Defizite erkannt? Gemäß der Meinung des Experten Himpele wird die Bewältigung der Krise eng mit der Einstellung der BürgerInnen einhergehen. Arbeitsplätze fallen weg und eine Umschulung kommt nicht für jeden Menschen auf Arbeitssuche infrage.
Auch der Bestsellerautor Richard David Precht bemerkte in seinem jüngst erschienenen Buch über die Digitalisierung, dass hier durchaus viele Probleme zu bewältigen sein werden. Zumal eine entlassene Supermarkt-Kassiererin nicht von heute auf morgen zu einer IT-Security-Fachfrau oder zu einer App-Entwicklerin umfunktioniert werden kann bzw. möchte.
Die famose Stadtverwaltungslandkarte zeigt auf, wo welche IT-Fachleute gebraucht werden. Strategien, Umschulungen, Digital-Projekte sowie eine genaue Vorstellung darüber, wo, wann und auf welche Weise digitale Technologien zum Einsatz kommen sollten, werden in der Stadtverwaltung Wien genau eruiert. Mithilfe der Technik können sogar viele Ressourcen freigesetzt werden, um z. B. die Bildungsarbeit zukünftig ganz anders gestalten zu können.
Schwerpunkte des IKT-Einsatzes in der Wiener Stadtverwaltung: aktuelle Situation und laufende Vorhaben
Der Wirtschaftsstandort Wien zeichnet sich durch eine große Diversität aus, was sehr gut ist. Einerseits der Kongresstourismus, der für viele Bereiche sehr wichtig ist. Dann die IT-Wirtschaft, die in Wien gut aufgestellt ist. Das Thema "Ausbildung" wird in Zukunft zentral sein. In Wien ist das Ausprobieren wichtig. Vor der Technik kann man Angst haben und man kann auch unsicher sein. Dabei handelt es sich aber häufig nicht nur um technische Probleme. Es muss nach der Pandemie Veränderungen in Wien geben. Das Ausprobieren und das Ausloten von Möglichkeiten sind unumgängliche Herangehensweisen, um neue Arbeitsweisen mit mehr Geschwindigkeit in Prozessen umzusetzen.
Zweite Kurzumfrage zum Abschluss des Seminars im virtuellen Raum: Wie wurde in Ihrem Erfahrungsbereich die Stellung der IT durch die COVID-19-Krise beeinflusst? Zur Abstimmung konnten die TeilnehmerInnen direkt frei wählen:
Die Positionierung wurde gestärkt, wird auch so bleiben: 91 Prozent
Die Positionierung wurde gestärkt, ist aber nicht nachhaltig: 6 Prozent
Die Positionierung blieb unverändert: 4 Prozent
Die Positionierung wurde geschwächt: 0 Prozent
Fazit zu unserem informativen Interview mit dem Experten Klemens Himpele:
Wien ist aufgrund von zahlreichen Maßnahmen und Initiativen auf einem guten Weg, um das ambitionierte Ziel zu erreichen, die Digitalisierungshauptstadt von Europa zu werden. In Hinblick auf die Wirtschaftsstrategie der Stadt Wien "Wien 2030 – Wirtschaft und Innovation" stellt der "Wiener Weg der Digitalisierung“ eines der Spitzenthemen dar. Die Corona-Pandemie hat das digitale Wien einerseits vor große Herausforderungen gestellt. Andererseits hat sie aber auch als Motor für den digitalen Wandel fungiert. Gerade jetzt kann es als entscheidend angesehen werden, Digitalisierungsprozesse nicht aufzuschieben. Denn es ist eine Veränderung im System vonnöten, um das Land nach der Krise schnellstmöglich wieder aufbauen