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"Technology-Talk": Die drei bedeutendsten Tech Trends von Gartner

In unserer ersten Ausgabe der "Technology-Talks" geht es um die Frage, welche drei der insgesamt zehn von Gartner definierten strategischen Tech Trends für unsere Experti:nnen die Bedeutendsten in diesem Jahr sind. 

Mode, Lifestyle, Social Media. Unser Leben wird in vielen Bereichen von Trends begleitet und bestimmt. Privat, aber auch beruflich orientieren wir uns bewusst oder unbewusst an ihnen, springen auf oder lassen sie vorüberziehen.

Das amerikanische Martkforschungsunternehmen Gartner hat für 2024 zehn strategischen Tech Trends definiert, die Unternehmen als Kompass für das Kalenderjahr dienen sollen. Sie laden IT Führungskräfte dazu ein, sich schon im Vorfeld mental mit Strömungen auseinanderzusetzen. Das wird immer herausfordernder, denn Veränderung passiert in der heutigen Zeit immer schneller. So sieht es auch Gerhard Kürner. Der KI-Experte ist Vice Chairman von AI Upper Austria und CEO und Gründer von 506.ai. Sein persönliches Learning aus 2023 ist, „…dass es nicht mehr ein bis zwei Jahre dauert, sondern ein bis zwei Monate, dass sich etwas komplett verändert in der Technologie.“ 

Gerhard Kürner beim Green Business Disruption Summit

Foto: Gerhard Kürner bei seinem Workshop am Green Business Disruption Summit 2024 ©LSZ

Kürner ist es auch der sagt, dass es für die Branche nicht mehr zeitgemäß ist, über Trends zu sprechen. Er schlägt vor "...wir lassen das Wort „Trend“ weg und sagen: Wir gehen jetzt in eine neue Ära, ein neues Zeitalter mit großen Chancen und großen Gefahren."

Welche drei Hype-cycle Trends sind für die Experten in diesem Jahr von größter Bedeutung? Wir haben nachgefragt!

Gartners zehn strategische Tech Trends

  1. AI TRiSM (AI Trust, Risk and Security Management / KI-Vertrauen-, Risiko- und Sicherheitsmanagement)
  2. CTEM (Continuous Threat Exposure Management / kontinuierliche Gefährdungsverwaltung)
  3. Nachhaltige Technologie
  4. Platform Engineering (Plattformentwicklung)
  5. KI-gestützte Entwicklung
  6. (vertikale) Cloud-Plattformen für die Industrie
  7. Intelligente Anwendungen
  8. Demokratisierte generative KI
  9. Technologieunterstützte vernetzte Belegschaft
  10. Maschinenkunden (Machine Customers)

*Kurze Erklärungen zu den Trends finden Sie am Ende des Artikels.

Martin Giesswein beim Green Business Disruption Summit 2024

Foto: Martin Giesswein bei seinem Workshop am Green Business Disruption Summit ©LSZ

LSZ: Welche dieser Trends sind Ihrer Meinung nach die drei Wichtigsten und warum?

Martin Giesswein, Digital Humanist

  1. AI TRiSM
  2. Intelligente Anwendungen
  3. Demokratisierte generative KI

Die Trends rund um KI sind jetzt und direkt für österreichische Unternehmen relevant. Der EU AI Act wird 2026 wirksam, dh. die Vorbereitung für Compliance und ethischen KI-Einsatz beginnt jetzt, wenn wir die Stresssituationen der DSGVO 2018 verhindern wollen. Gleichzeitig wollen alle Entscheider:innen so schnell wie möglich die Produktivitätsversprechen der KI eingelöst sehen. Ein Muss für die Wettbewerbsfähigkeit für große und kleine Unternehmen.

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Thomas Wenninger, MIBA Group, COO of IT/Digitalization

  1. KI-gestützte Entwicklung
  2. Intelligente Anwendungen
  3. Demokratisierte generative KI

In produzierenden Unternehmen gewinnt künstliche Intelligenz (KI) zunehmend an Bedeutung. Eine  klare strategische Ausrichtung ist entscheidend für den Erfolg von KI-Initiativen. Die Festlegung  einer klaren "AI-Ambition" ist der erste Schritt für den Erfolg von KI in der Produktion. Diese umfasst  die Entscheidung, ob KI zur Optimierung der operativen Abläufe genutzt wird oder auch für die  Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. Die Bedeutung von KI-Initiativen in  produzierenden Unternehmen übertrifft oft andere Trends aufgrund ihrer Fähigkeit, Prozesse zu  optimieren, die Effizienz zu steigern und Innovationen voranzutreiben. Im Vergleich zu anderen  Trends wie beispielsweise dem Internet der Dinge (IoT) oder Blockchain bietet KI ein breiteres  Anwendungsspektrum und kann eine umfassendere Wirkung auf die Unternehmensleistung haben.

Thomas Wenninger

Foto: Thomas Wenninger am Podium bei der Production & IT in Linz (li.: Gertrude Schatzdorfer-Wölfel,Schatzdorfer Gerätebau; re.: Jimmy Heschl, Red Bull) ©LSZ

Insgesamt unterstreicht die Bedeutung einer klaren strategischen Ausrichtung die Notwendigkeit für produzierende Unternehmen, die Einführung von KI nicht nur als technologische Initiative zu betrachten. Durch eine klare "AI-Ambition" können sie sicherstellen, dass ihre KI-Initiativen erfolgreich sind und echten Mehrwert schaffen.

Markus Binder, Hypo Tirol Bank, Leitung Niederlassung Wien:

  1. AI TRiSM
  2. Nachhaltige Technologie
  3. KI-gestützte Entwicklung

Es gibt kein Vorbeikommen an KI-basierten Technologien und auch nachhaltige Themen müssen diesbezüglich unbedingt berücksichtigt werden.

Gerhard Kürner, Vice Chairman AI Upper Austria:

  1. Demokratisierte generative AI: Zugriff für Viele und Anwendung des Ganzen. Mit verfügbarer, demokratischen, ethisch korrekten, trustworthy AI, kann ich Mitarbeiter:innen für ganz viele neue Sachen empowern. Also jemand, der in einem Bereich noch keine Erfahrung hat, den kann ich damit unterstützen. Das ist quasi so, als ob ich eine 30 Jahre erfahrene Mitarbeiterin zur Einschlung zur Verfügung stelle. Aber das greift naütlich auch in das Thema "trust worthness" und "ethical correctness". Dass das, was ich dann bekomme, als Rat, als Unterstützung, möglichst unverfälscht ist und nicht irgendetwas dazu erfunden wurde. Denn umgekehrte besteht natürlich die Gefahr, dass KI für die nicht so guten Dinge verwendet wird. Denn die frei verfügbaren Modelle, auch die Kleineren, sind alle Open Source und damit frei zugänglich. 
  2. CTEM bzw. Cyber-Security in jede Richtung, sprich aus Unternehmenssicht und aus privater, gesellschaftlicher Sicht beispielsweise hinsichtlich „Deepfake“. Ich kann in vier Sekunden deine Stimme nachmachen und dann anrufen „Hey, ich bin's, stehe am Bahnhof, hab' kein Geld.“ IT Security ist schon ewig ein Thema und schon seit langer Zeit bekannt, bekommt aber jetzt eine komplett neue Bedeutung. Denn inzwischen ist es einfacher möglich, früher über Machine Learning, jetzt über verfügbare KI-Technologien, Schwachstellen, Lücken, menschliches Versagen, herauszufinden.
  3. Cloud und Plattformen, wer baut etwas auf, das Leute zusammen dann nutzen. Es gibt natürlich europäische Cloudanbieter, aber die drei ganz Großen sind Amazon, Google und Microsoft aus Amerika. Wir haben also unsere "Cloudcenter" nicht in europäischer Hand, um es ein bisschen patriotisch auszudrücken, und die Applikationen, die dort laufen auch noch nicht. Das macht das Thema dann auch hinsichtlich Security interessant.

Welche Trends sich nicht durchsetzen werden lesen Sie in Teil 2 unserer Serie "Technology-Talks".
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*Die strategischen Tech Trends von Gartner kurz erklärt

  1. AI TRiSMAI Trust, Risk and Security Management / KI-Vertrauen-, Risiko- und Sicherheitsmanagemen:

AI TRiSM sind Mechanismen für KI-Modelle und -Anwendungen, mit denen Unternehmen sicherstellen können, dass ihre zum Teil neu integrierten KI-Systeme gesetzeskonform, fair und zuverlässig sind und Datenschutzrichtlinien einhalten. Es ist ein „Lösungspaket, mit dem Sie die Bereitstellung von KI effektiver schützen und eine KI-Governance etablieren können.“ (Gartner)

  1. CTEMContinuous Threat Exposure Management / kontinuierliche Gefährdungsverwaltung

Bei CTEM werden fortlaufend Cyberangriffe simuliert, um zu verhindern, dass potenzielle Schwachstellen ausgenutzt werden. Das fünf-Stufen-Programm (Scoping – Discovery – Prioritization – Validation – Mobilization) geht Sicherheitsbedrohungen proaktiv an und stärkt so die Widerstandsfähigkeit von Organisationen gegenüber Cyberangriffen.

  1. Nachhaltige Technologie

Darunter versteht man laut Gartner zum einen das Framework digitaler Lösungen, die ESG-Ergebnisse vorantreiben. Zum anderen optimiert der Einsatz nachhaltiger Technologie Kosten, Energieleistung und Asset-Nutzung. „Nachhaltige Technologie ermöglicht neue Geschäftsmodelle und technologiegestützte Produkte, um Kunden einen besseren Service zu bieten.“ Autumn Stanish, Gartner Principal Analyst

  1. Platform Engineering (Plattformentwicklung)

Soll das zentrale Problem der Zusammenarbeit zwischen Softwareentwicklern und -betreibern lösen. Platform Engineering modernisiert die Bereitstellung von Unternehmenssoftware, vor allem im Bereich der digitalen Transformation von Unternehmen.

  1. KI-gestützte Entwicklung

Der Einsatz von Generativer KI in Unternehmen steht an sich nicht mehr zur Debatte. Laut Gartner wird sich der Einsatz von KI-Codierungsassistenten für Softwareeentwickler bis 2028 stark erhöhen was zur Folge hat, dass die Produktivität der Entwickler gesteigert wird. Die Frage ist dabei, welche Entwicklungstools eingesetzt werden, um das Unternehmen effektiv nach vorne zu bringen und was dabei beachtet werden muss – beispielsweise beim Einsatz von unternehmensfremden Large Language Models wie ChatGPT oder Google Bard.

  1. (vertikale) Cloud-Plattformen für die Industrie

Kombination von Software-, Plattform- und Infrastruktur (SaaS-, PaaS- und IaaS)-Funktionen, um anpassungsfähige und relevante Branchenlösungen anzubieten und Geschäftsinitiativen zu beschleunigen.

  1. Intelligente Anwendungen

Der Einsatz von KI in Apps, um eine personalisierte, adaptive Nutzeroberfächen anzubieten. Davon profitiert die User Experience und die so gewonnenen Einblicke und Erkenntnisse können von den Unternehmen für Anaylsen und Reportings genutzt werden.

  1. Demokratisierte generative KI

Laut Gartner einer der disruptivsten Trends dieses Jahrzehnts. Ein demokratischer Zugang zu Informationen und Fähigkeiten entfaltet das Potenzial, Aufgaben zu automatisieren, Produktivität zu steigern, Kosten zu senken und neue Wachstumschancen zu eröffnen.

  1. Technologieunterstützte vernetzte Belegschaft

Beschleunigung Entwicklung neuer (digitaler) Fähigkeiten für alle Positionen in einem Unternehmen sowie den Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiter und fördert intelligenteres Arbeiten.

  1. Maschinenkunden (Machine Customers)

Dabei handelt es sich um die Möglichkeit für Unternehmen, sich ihre eigenen Kunden zu schaffen. Diese vernetzten Produkte, die sich wie Kunden verhalten können, werden zukünftig bedeutender werden als die Einführung des digitalen Handels.