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Reboarding nach Elternzeit – Empfehlungen einer HR-Expertin und Mutter

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Mit der Geburt unserer Tochter hat sich mein Leben grundlegend verändert. Lag der Fokus in den Jahren zuvor auf der beruflichen Laufbahn, stand nun Care-Arbeit auf dem Programm. Praktisch rund um die Uhr, trotz Unterstützung meines Ehemanns. Die intensiven ersten Monate in meiner neuen Rolle als Mutter habe ich aufrichtig genossen, auch wenn ich zugeben muss, dass mir gewisse berufliche Aktivitäten gefehlt haben. Daher war ich sehr motiviert, nach 15 Monaten wieder ins Berufsleben einzusteigen.

Auf meine Rückkehr habe ich 2 Perspektiven: Einerseits die Rolle einer Mitarbeiterin und Mutter, die sich wieder in ihren beruflichen Alltag einfinden muss. Andererseits die einer HR-Expertin, die aus eigenen Erfahrungen grundsätzliche Überlegungen zum Reboarding-Prozess anstellt. Diese Gedanken möchte ich gerne teilen, da ich davon überzeugt bin, dass es sowohl für betroffene Eltern als auch für Unternehmen ungenutzte Potenziale gibt.

Reboarding ist oft kein etablierter Prozess
Im Unterschied zum Onboarding ist das Reboarding bislang nur vereinzelt als geschäftsrelevanter Prozess etabliert. Das ist nicht nur meine persönliche Beobachtung, sondern spiegelt auch wider, was wir bei Empleox in zahlreichen Projekten erleben. Viele HR-Softwarelösungen bilden zwar den Onboarding-Prozess ab, jedoch nicht den Prozess des Wiedereinstiegs nach einer Auszeit, ganz gleich, ob Elternzeit, Sabbatical oder Langzeitkrankheit. Diese Lücke in der Software zu schließen, könnte einiges erheblich erleichtern.

Rückkehrer sind keine Neulinge!
Wichtig ist erstmal, ein Bewusstsein für das Reboarding zu schaffen. Ein strukturierter Wiedereinstieg ermöglicht es, sich schneller in die Arbeitsumgebung einzuleben und einen Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten. Hierbei ist entscheidend zu erkennen, dass Rückkehrer keine Neulinge sind. Sie sind mit dem Unternehmen, den Kolleginnen und Kollegen sowie den Abläufen vertraut und brauchen eher ein Update als einen Grundkurs.
Wie ein Reboarding-Prozess aussehen könnte, der meine beiden Perspektiven zusammenführt – dazu habe ich ein paar Empfehlungen.

Phase 1: Während der Elternzeit
Der Ausstieg aus dem Job ist in der Regel noch gut organisiert. Schließlich müssen zwangsläufig zahlreiche administrative und rechtliche Dinge erledigt werden. Doch dann heißt es leider viel zu oft „aus den Augen, aus dem Sinn“. Glückwünsche zum Elternwerden auszusprechen – eventuell begleitet von einer kleinen Aufmerksamkeit – ist oft üblich, und sollte aus meiner Sicht für Unternehmen auch zum guten Ton gehören. Für die Zeit danach empfehle ich, frühzeitig zu klären, wie man in der Elternzeit in Kontakt bleiben will. Zu erwarten, dass Eltern ab und an in E-Mails oder andere Unternehmenskanäle schauen, um informiert zu bleiben, ist definitiv ein No-Go.Das richtige Maß sowie die gewählten Kanäle, also ob etwa über private Kontaktinformationen oder soziale Medien, erfordert einiges an Sensibilität. Denn einerseits sollten Unternehmen jungen Eltern die Auszeit und den Abstand zum beruflichen Alltag gewähren. Andererseits kann es ganz im Sinne der Mütter und Väter sein, zumindest hin und wieder Interaktionsangebote zu erhalten, um gerade gegen Ende der Auszeit wieder allmählich in Unternehmensaktivitäten eingebunden zu sein. Wichtig ist sicherzustellen, dass die Teilnahme an Aktivitäten, etwa Weihnachtsfeiern, Sommerfest oder kleineren Teamtreffen, nicht als Verpflichtung wahrgenommen wird, sondern lediglich ein Angebot darstellt.

Phase 2: Vorbereitung der Rückkehr
Noch bevor es wirklich losgeht, sollten die zukünftigen Aufgaben geklärt werden. Häufig, aber nicht immer, übernehmen Rückkehrer die Tätigkeiten, die sie auch vorher ausgeübt haben. Auch wenn das so ist, gab es vielleicht eine Vertretung, sodass das Zusammenspiel neu besprochen werden sollte.
Auf Basis der Themen, Projekte und Aufgaben kann dann der „Wieder-Einarbeitungsplan“ aufgebaut werden. Hilfreich für die erste Zeit sind bereits geplante und organisierte Termine. Andernfalls verzögert sich der Zeitpunkt nur weiter, bis die Rückkehrerin oder der Rückkehrer wirklich loslegen kann. Termine schon im Kalender zu haben, vermittelt das Gefühl, wieder einen Platz im Unternehmen zu haben und etwas beizutragen.
Den Anspruch, sich so rasch wie möglich zurechtzufinden und mit der eigenen Arbeitszeit und -leistung einen Mehrwert zu erzielen, haben meistens beide Seiten. Es ist demotivierend, Arbeitszeit abzusitzen und so gut wie nichts zu tun zu haben. Das Gefühl, sich selbst Tätigkeiten suchen zu müssen, sich fast schon „aufdrängen“ zu müssen, um beteiligt zu werden, ist absolut unschön!
Und auch wenn sich eine Mutter oder ein Vater sehr auf die Arbeit freut: In solchen Momenten kommt schon einmal der Gedanke auf, dass diese Zeit auch mit der Familie verbracht werden könnte.

Phase 3: Der Wiedereinstieg
Der erste Arbeitstag nach der Auszeit kommt oft schneller als erwartet. Dementsprechend sollten die Basics funktionieren:

  • Sind Hard- und Software einsatzbereit, Berechtigungen wieder aktiv, Zugangskarten freigeschaltet usw.?
  • Ist ein Arbeitsplatz frei und eingerichtet?

Zudem bietet sich ein Informationspaket an, um Rückkehrern einen Überblick über Veränderungen zu verschaffen.

  • Ein Einblick in die aktuelle Unternehmensstrategie.
  • Eine Übersicht über strukturelle und personelle Veränderungen.
  • Die wichtigsten Links zu beispielsweise internen SharePoint-Seiten.

Hat sich die Rolle oder vielleicht sogar der Bereich stärker verändert, kann ein Buddy-System sinnvoll sein. Eine Person an der Hand zu haben, die zur Seite steht, die „Wo-finde-ich-was-Antworten“ parat hat, die die wichtigsten Informationen proaktiv teilt und beim Herantasten an das neue Terrain unterstützt.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Rückkehr aus Elternzeit und einem kompletten Neueinstieg besteht darin, dass die Rahmenbedingung „Kind“ durchaus variabel ist. Die Vorhersage des Verhaltens des Nachwuchses gleicht einer Befragung der Glaskugel. Für die Planung ist daher eine klare Kommunikation unverzichtbar. Unternehmen sollten offen betonen, dass getroffene Vereinbarungen keineswegs unveränderbar sind. Gleichzeitig sollten Mütter und Väter unmittelbar Anpassungswünsche ihrer Situation transparent machen.

Phase 4: Reflexion und Blick in die Zukunft
Nach einigen Wochen empfehle ich ein Reflexionsgespräch. Hierbei geht es sowohl um organisatorische Rahmenbedingungen als auch um den Job an sich. 

  • Wie ist das Reboarding gelaufen?
  • Ist die Stundenzahl in Ordnung oder soll sie gesenkt oder erhöht werden?
  • Passt die Verteilung der Arbeitszeit über die Woche?
  • Fühlt sich die Mitarbeiterin wohl mit dem Status quo oder muss an Stellschrauben gedreht werden?
  • Wie sind die ersten fachlichen Themen angelaufen?
  • Was lief gut, wo braucht es weitere Unterstützung?
  • Wer kann eventuell helfen?

Dieses Gespräch ist auch eine Gelegenheit, die nächsten Monate zu planen und gemeinsame Ziele festzulegen.

Fazit:
Die Wiedereingliederung nach Elternzeit ist nicht immer ein Selbstläufer.

Ein strukturierter und durchdachter Reboarding-Prozess garantiert zwar nicht den erfolgreichen Wiedereinstieg. In jedem Fall unterstützt er aber dabei, zurück im Arbeitsalltag Fuß zu fassen. Der Prozess gibt Sicherheit, dass zumindest im beruflichen Kontext Klarheit herrscht. Die ungewohnte Konstellation, Privates und Arbeit unter einen Hut zu bringen, ist gerade zu Beginn schon Spannung genug. Eltern wollen dem allgegenwärtigen Auftrag, unvorhergesehene Situationen zu meistern, gerecht werden, da muss nicht auch noch im Job Unklarheit herrschen.

In diesem Sinne: ein Hoch aufs Elternsein, in all seinen wundervollen, aber auch anspruchsvollen Facetten!

Lassen Sie uns gerne persönlich austauschen, ich bin am 5.10. auf dem „Employee Experience Summit“ in Wien dabei. Dann in meiner Rolle als HR-Expertin der EMPLEOX!