Mit unserem Herzensprojekt im Gepäck haben wir uns Anfang September auf den Weg nach Bad Loipersdorf gemacht, um bei der FUTURE OF WORK 2021 über Diversität im Recruiting zu sprechen. Neben der erfolgreichen Präsentation unseres eigenen Themas, freuen wir uns auch riesig über die vielen verschiedenen inspirierenden Workshops und Vorträge, an denen wir selbst teilnehmen durften. Mit viel Input und neuen Ideen, wollen wir euch jetzt – zurück in Wien – die Keypoints unseres Vortrags und die Ergebnisse der Umfrage als Blogbeitrag präsentieren.
Diversität im Recruiting – eine Frage der Unternehmenskultur
Der Mainstream ist überfischt. Wer seine Talente nur im Pool männlicher, deutschsprachiger Fachkräfte zwischen 25 und 50 Jahren sucht, wird vor allem in der IT-Branche schnell an Grenzen stoßen. Um neue Talente an Land ziehen zu können, zahlt es sich deshalb aus, auf Diversität zu setzen. Außerdem performen diverse Teams besser, sorgen für ein ausgeglicheneres Betriebsklima und bieten einen großartigen Nährboden für neue Ideen und Lösungen. [How Diversity & Inclusion Matter | McKinsey]
Hinter den konkreten Maßnahmen, die man im Recruiting setzen kann, um diverse Talente anzusprechen, sollten immer zwei Dinge stehen:
- eine (im Idealfall) unternehmensweite Awareness für das Thema
- und die richtige Unternehmenskultur
Mentimeter-Umfrage: Wie hoch ist in eurem Unternehmen die Awareness für das Thema „Diversität im Recruiting“?
In unserem eigenen Unternehmen haben wir Vertrauen als zentralen Anker der Unternehmenskultur gewählt. Dabei haben wir ein ergebnisorientiertes Umfeld geschaffen, in dem sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die Arbeitszeiten und den Arbeitsort komplett frei einteilen kann – dadurch passt sich nicht das Leben an die Arbeit an, sondern umgekehrt.
In Folge fühlen sich bei uns auch all jene wohl, die sich in einem klassischen „9 to 5“ Bürojob nicht entfalten könnten. Fast die Hälfte unser Belegschafft arbeitet mittlerweile in Teilzeit und wir haben genug Zeit, Energie und Flexibilität, um neben unserer Leidenschaft für den Job auch die anderen Leidenschaften nicht zu kurz kommen zu lassen: sei es Musik, Familie, persönliche Weiterbildung, Sport oder der eigene Bagel-Shop.
Diversität hat viele Ausprägungen – Alter, Geschlecht, kultureller Background, usw. – wir wollen uns in Folge aber vor allem auf das ungenutzte Potential weiblicher Talente konzentrieren.
5 Tipps für mehr Bewerberinnen
Im Frühjahr 2021 haben wir mit „HR for women in tech“ (#hr4wit) eine Initiative gegründet, um einen kleinen Beitrag für mehr Awareness zu leisten. Eines unserer Ziele war es, gemeinsam mit weiblichen Rolemodels neue Ansätze zu finden, um Recruiting-Prozesse technischer Berufe attraktiver für Frauen zu gestalten und Hürden zu reduzieren. Die Erkenntnisse, die wir dabei gewinnen durften, haben auch uns inspiriert, unsere Prozesse zu hinterfragen und zu optimieren – mit Erfolg! Vom September 2020 bis August 2021 hatten wir 20% mehr weibliche Bewerberinnen als im Vergleichszeitraum vom Vorjahr.
Mentimeter-Umfrage: Werden bei euch Maßnahmen gesetzt, um für mehr Diversität im Recruiting zu sorgen?
An diesen fünf Schrauben haben wir bei apsa gedreht, um mehr weibliche Talente zu erreichen:
1. Awareness für die Themen „Gender Bias“ und Diversität geschaffen
Wir haben uns mit unserer mit unseren unbewussten Vorurteilen (Unconscious Bias) auseinandergesetzt, die wir mit uns tragen. Welche Jobs assoziieren wir mit männlichen, welche mit weiblichen Bewerber:innen? Wie ist unser Team gegenüber diesem Thema „Diversität im Recruiting“ eingestellt? Falls es irgendwelche Zweifel, Abneigungen gibt – was liegt dahinter, wie kann man daran arbeiten? Was sind die Vorteile für mehr Awareness in dem Bereich? Für die Gesellschaft, für unser Unternehmen?
Mentimeter-Umfrage: Wie negativ/positiv (auf einer Skala von 1 bis 6) sind eure Mitarbeiter:innen und Entscheidungsträger:innen gegenüber dem Thema „Diversität im Recruiting“ eingestellt?
2. Direktanschreiben optimiert
Ein großer Teil unserer Arbeit im Recruiting besteht darin Kandidatinnen und Kandidaten direkt auf XING, LinkedIn und Co. anzuschreiben, um ihnen von unseren Angeboten zu erzählen. Hier achten wir darauf, Frauen als (z.B.) potenzielle Projektmanagerin anzusprechen oder hervorzuheben, dass unser Kunde ein multikulturelles, diverses Umfeld bietet.
3. Stellenausschreibungen angepasst
Jobtitel: Wir haben schon vor längerer Zeit begonnen beim verpflichtenden Zusatz (m/w/d), bzw. (m/f/x) die Reihenfolge zu auf (w/m/d), bzw. (f/m/x) zu ändern. In den vergangenen Monaten achten wir aber auch vermehrt auf korrektes Gendern (Projektmanager:in) im Text selbst. Weiter versuchen wir – so weit möglich – genderneutrale Titel und Beschreibungen zu verwenden; z.B. indem wir genderneutrale englische Jobtitel wählen (Buyer statt Einkäufer)
Skillset: Laut einer Studie von Hewlett-Packard [The Confidence Gap] bewerben sich Männer, wenn sie glauben 60 Prozent der Anforderungen zu erfüllen, Frauen aber erst bei 100 Prozent. Wenn es um technisches Know-how geht, verwenden wir deshalb weniger Must-have-Kriterien als früher.
Visuals: Bevor wir intern die Awareness für das Thema Gender Bias geschärft haben, waren in den Bildern zu unseren Stelleninseraten Männer überdurchschnittlich hoch repräsentiert.
Das war auch eine Folge der, den Stockfoto-Ergebnissen inhärenten, Gender-Bias: Gibt man etwa bei Adobe Stock in der englischen (also genderneutralen) Suche den Begriff „Manager“ ein, kommen fast ausschließlich Bilder von Männern; beim Begriff „Assistant“ sind es hingegen fast nur Frauen.
Mittlerweile achten wir auf eine 50:50 Repräsentation von Männern und Frauen – so sprechen wir Frauen auch visuell an.
4. Auswahlprozess hinterfragt
Auch hier versuchen wir möglichst selbstreflektierter zu handeln und zu denken: Jede und jeder hat im Laufe des Lebens Vorurteile gebildet oder übernommen, die dazu führen können, dass geeignete Kandidat:innen bei der Suche und Sichtung von Bewerbungen ausgeschlossen werden. Es ist wichtig, die eigene Einstellung zu hinterfragen, bevor man eine Absage schreibt.
5. Netzwerke vermehrt genutzt
Im vergangenen Jahr haben wir unseren Präsenz bei Veranstaltungen erhöht und im Rahmen unserer #hr4wit-Initiative auch unser eigenes Netzwerk gestärkt. Tina engagiert sich als Mentorin bei „the female factor“ und nimmt regelmäßig an Meetups von „Thenewitgirls“ oder anderen Frauennetzwerken teil. Dadurch lernt man die Zielgruppe direkt kennen und kann sich schneller und besser vernetzen.
Warum sich Diversität im Recruiting auszahlt
Awareness für Diversität bzw. eine diversitäts-fördernde Unternehmenskultur, hilft nicht nur dabei, Talente jenseits des Mainstreams anzusprechen, sondern auch, diese Talente zu halten. Sei es durch ein Entgegenkommen bzgl. Zeiteinteilung oder Arbeitsort, durch die Bereitschaft Wochenstunden zu erhöhen oder zu reduzieren, oder einfach ganz grundsätzlich durch den Fokus auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter:innen.
In unserem eigenen Unternehmen haben wir es dadurch geschafft, seit knapp vier Jahren alle Mitarbeiter:innen erfolgreich zu halten. Ein Großteil unseres Teams hat sich auch explizit nicht auf Grund der Branche, in der wir arbeiten, für uns entschieden, sondern wegen unserer, bzw. für unsere Werte und unsere Unternehmenskultur.
Hört nie auf euch zu hinterfragen, traut euch zu vertrauen und glaubt an die Vorteile diverser Teams!