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Wie wettbewerbsfähig ist die österreichische Industrie – und welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz? Florian Rosenberger, Digitalisierungsexperte der Industriellenvereinigung, gab auf der LSZ Production & IT Konferenz spannende Einblicke in aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Lösungsansätze – mit einem klaren Appell an Politik und Unternehmen.
Industrie: Fundament mit Frakturen
„Ein Drittel der österreichischen Wertschöpfung kommt direkt aus der Industrie“, betonte Rosenberger in seiner Keynote. Darüber hinaus finanziert die Industrie fast die Hälfte aller F&E-Ausgaben – ein klarer Beleg für ihre strategische Bedeutung. Doch die Zahlen aus dem Jahr 2023 sind ein Warnsignal: Die Industrieproduktion ist laut Eurostat in Österreich um -9,5 % gesunken – der höchste Rückgang unter den EU-Mitgliedsstaaten.
Hinter diesem Einbruch stehen strukturelle Herausforderungen: Hohe Energiepreise, steigende Lohnstückkosten und eine anhaltende internationale Wettbewerbssituation setzen die Betriebe unter Druck. „Wir erleben aktuell die vierte Rezession in Folge – das ist historisch“, so Rosenberger.
Künstliche Intelligenz: Vom Schlagwort zur Standortfrage
Im globalen Vergleich wird deutlich: KI ist längst zum strategischen Faktor geworden. Die großen US-Tech-Konzerne investieren jährlich Milliardenbeträge in Forschung und Entwicklung – OpenAI, Microsoft, Google & Co treiben Innovationstempo und Marktstandards. Allein Microsoft investierte 2023 weitere 10 Mrd. USD in OpenAI.
Europa zieht nach, doch Österreich bleibt zurückhaltend: Nur rund ein Fünftel der heimischen Unternehmen nutzt derzeit KI-Anwendungen – mit großen Unterschieden zwischen Branchen und Unternehmensgrößen. „KI ist keine Spielerei. Sie ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor“, so Rosenberger. Besonders in der Fertigung, Logistik und Beschaffung ließen sich Effizienz und Resilienz deutlich steigern.
Digitalisierung bringt messbare Vorteile
Unternehmen, die KI und digitale Technologien aktiv einsetzen, verzeichnen laut Rosenberger nicht nur höhere Produktivität, sondern auch mehr Umsatz und bessere Resilienz. Unternehmen, die KI und digitale Technologien aktiv einsetzen, verzeichnen laut Rosenberger nicht nur höhere Produktivität, sondern auch mehr Umsatz und bessere Resilienz. Die ökonomischen Vorteile digitaler Transformation zeigen sich deutlich in wachstumsstärkeren und robusteren Geschäftsmodellen – besonders in volatilen Zeiten.
Ein noch weitgehend ungenutztes Potenzial: Würde die österreichische Industrie ihre digitalen Möglichkeiten umfassend ausschöpfen, ließen sich laut Rosenberger bis zu 76 Mrd. Euro zusätzliche Wertschöpfung jährlich realisieren – das entspricht rund 2 Milliarden Arbeitsstunden.
Was jetzt zu tun ist
Rosenberger verwies in seinem Vortrag auf positive Signale aus der Politik, etwa das Ziel einer F&E-Quote von 4 %. Doch um Wirkung zu entfalten, brauche es konkrete Schritte – unter anderem:
- Investitionen in digitale Schlüsseltechnologien und Recheninfrastruktur
- Reallabore und regulatorische Testzonen für KI-Anwendungen
- Stärkere europäische Kooperation in Dateninfrastrukturen (z. B. GAIA-X)
- Verfügbarkeit von Daten und ihre sinnvolle Nutzung durch Unternehmen
„Wir brauchen Räume, in denen Innovation ausprobiert werden kann, ohne gleich an rechtlichen Hürden zu scheitern“, so Rosenberger.
Fachkräfte als Engpass
Ein Dauerbrenner bleibt der Fachkräftemangel: Aktuell fehlen in Österreich über 40.000 MINT-Fachkräfte – Tendenz steigend. Expert:innen rechnen damit, dass sich diese Lücke in den kommenden Jahren weiter vergrößert – insbesondere in technisch geprägten Bereichen wie Softwareentwicklung, Automatisierung, Datenanalyse oder industrieller KI. Rosenberger mahnt: Ohne qualifiziertes Personal drohen technologische Rückschritte – trotz Investitionen.
Learnings für Entscheider:innen
- KI ist längst Realität – nicht nur technologisch, sondern wirtschaftlich.
- Die Produktivitätspotenziale sind enorm – aber ungleich verteilt.
- Wer digitalisiert, gewinnt Resilienz, Marktanteile und Innovationsspielraum.
- Der Einsatz von KI braucht strategische Führung – nicht nur Tools.
Diskutieren Sie mit uns beim Forum Industrie WEST am 7. Mai in Vorarlberg zu aktuellen Trends und Herausforderungen ins Österreichs Fertigungsindustrie.
Quellenverzeichnis (Stand: 2023/2024)
1. Vortrag von Florian Rosenberger bei der Production & IT Konferenz am 13. März 2025
2. Eurostat (2023): Industrial production – monthly and annual change rates by EU country.
3. Bloomberg (2023): Microsoft Invests $10 Billion in OpenAI as Tech Giants Race to Dominate AI.
4. Statistik Austria (2023): IKT-Einsatz in Unternehmen – Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in österreichischen Betrieben.