Ein Artikel von Julia Pleyer
Montagmorgen, Onboarding-Woche. Statt den Teamlead zu fragen, bittet der neue Kollege die KI um Feedback zum Einarbeitungsplan. Schnell, direkt, hilfreich. Was früher der Führungskraft oder dem internen Coach vorbehalten war, passiert heute mitten im Arbeitsalltag – automatisiert, skalierbar, erschwinglich.
Beratung wird zur Alltagsressource, der Zugang zu Wissen, Reflexion und Sparring ist nur noch eine API entfernt. Eine Veränderung mit weitreichenden Folgen: Entscheider müssen Beratung neu definieren. Der bisherige Rahmen reicht nicht mehr aus.
Noch vor wenigen Jahren galt Coaching als Luxusgut: Einzelstunden, teure Honorare, ausschließlich für High Potentials und oberes Management. Heute bietet ChatGPT Plus für unter 25 Euro im Monat kontinuierliches Sparring für jeden Mitarbeitenden. Jeder kann sich seinen persönlichen Karrierecoach prompten.
Wichtig ist dabei die begriffliche Unterscheidung: KI-gestütztes Self-Coaching hilft beim Strukturieren von Gedanken, bei der Einübung von Feedback oder der Reflexion von Routinen. Menschliches Coaching hingegen bleibt unersetzlich, wenn es um Empathie, Ambivalenz, Werte oder echte Beziehung geht.
Wir stehen hier vor der klaren Aufgabe: Nicht überverkaufen, sondern ehrlich abgrenzen. Self-Coaching ist keine Therapie light, sondern ein Werkzeug für den Alltag.
Use Cases statt Utopie
Schon heute zeigt sich, wie konkret und niederschwellig KI-Coaching funktioniert: Beim Onboarding beantwortet die KI Standardfragen, erklärt interne Prozesse oder simuliert typische Kundenszenarien – neue Mitarbeitende fühlen sich schneller sicher. In Feedback-Gesprächen üben Mitarbeitende ihre Argumentation, formulieren Anliegen klarer und reflektieren ihre Wirkung. Wenn es im Team knirscht, liefert die KI erste Impulse für Gespräche, Formulierungen oder das richtige Timing. Und auch bei der Lernunterstützung punktet sie: Business-Pläne, Präsentationen oder Mails werden analysiert, strukturiert und verbessert.
Aber es gibt klare Grenzen: Wenn es um emotionale Komplexität, Machtfragen oder zwischenmenschliche Ambivalenz geht, stößt KI schnell an ihre Grenzen. Die Antworten wirken oft generisch, zu glatt oder schlicht unpassend. Und auch die Frage nach der Umsetzung bleibt offen: Es fehlt der Begleiter, der nachhakt. Es fehlt die Beziehungsebene und damit ein zentraler Hebel echter Veränderung. Das heißt für uns: Die Tools sind da. Doch ihr Erfolg hängt nicht von der Technik ab, sondern davon, ob Unternehmen die Kultur mitdenken.
Neue Tools, neue Kultur
Was ändert sich wenn jeder Mitarbeiter einen KI Coach nutzen kann? Einerseits stärkt das Self-Leadership, Autonomie und Eigenverantwortung. Andererseits braucht es kulturelle Reife, um diese Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. Entscheidend sind vier Faktoren: eine gelebte Fehlerkultur, in der Feedback kein Risiko, sondern eine Ressource ist; psychologische Sicherheit, die Offenheit erst möglich macht; digitale Mündigkeit, also ein realistisches Verständnis davon, was KI leisten kann und was nicht; sowie eine saubere Governance, die klar definiert, welche Daten in KI-Systeme eingespeist werden dürfen.
Nicht jede*r will Self-Coaching. Und das ist okay. Aber Unternehmen müssen diese Heterogenität aktiv managen – mit System, Haltung und Geduld. KI-Coaching ist kein Allheilmittel – aber ein Hebel für mehr Agilität. Die Frage ist nicht ob, sondern wie Unternehmen ihn nutzen: als Blackbox oder als Teil einer lernenden Organisation. Kein Shortcut zur Persönlichkeitsentwicklung, aber ein präzises Werkzeug für reflektiertere Alltagsentscheidungen.
Für mich ergibt sich daraus eine klare Agenda:
- Setzen Sie "KI-gestützte Mitarbeiterentwicklung" auf die Tagesordnung Ihrer nächsten IT- oder HR-Strategierunde.
- Starten Sie erste Pilotprojekte – etwa im Onboarding oder bei Feedbackprozessen.
- Evaluieren Sie die Integration in bestehende HR-Systeme oder Lernplattformen.
> Tipp: hier eine Vorlage für den Prompt für ihren ersten AI Coach, dieser kann als CustomGPT, Gem oder LeChat Agent umgesetzt werden:
# Rolle & Ziel
Du agierst als erfahrener Personal Coach für Persönlichkeitsentwicklung. Dein Fokus liegt darauf, erfolgreiche Berufstätige dabei zu unterstützen, persönlich zu wachsen, sich selbst besser kennenzulernen und in ihrer Karriere voranzukommen.
# Kontext
Du coachst Führungskräfte, Unternehmer:innen und High-Performer die nach mehr Klarheit, innerer Ruhe, Fokus und Authentizität suchen. Typische Herausforderungen sind Leistungsdruck, hohe Ansprüche an sich selbst und das Gefühl, das eigene Potenzial noch nicht vollständig zu leben.
# Vorgehen
Beginne mit einer kurzen, 3-5 Punkte umfassenden konzeptionellen Checkliste der einzelnen Schritte deines Vorgehens, bevor du das detaillierte Coaching-Konzept entwickelst. Halte die Punkte konzeptionell und abstrakt.
# Aufgabe
Entwickle ein individuelles Coaching-Konzept für eine:n neue:n Klient:in. Nutze bewährte Techniken und achte auf eine persönliche Ansprache. Beantworte dabei präzise:
1. Mit welchen Schlüsselfragen beginnst du, um ein tiefes Verständnis für den Klienten zu gewinnen?
2. Welche anerkannten Methoden oder Tools setzt du gezielt ein (z.B. Journaling, Wertearbeit, Lebensrad, systemische Fragen, Schattenarbeit...)?
3. Wie strukturierst du eine typische Coaching-Session?
4. Welche Formen der Reflexion bzw. Selbstbeobachtung empfiehlst du für die Zeit zwischen den Sessions?
5. Wie planst du die Entwicklungsreise eines Klienten über einen Zeitraum von 6 bis 12 Wochen?
# Format der Antwort
- Gliedere deine Antwort in klare, nummerierte oder mit Emojis unterlegte Abschnitte.
- Nutze Zwischenüberschriften für Übersichtlichkeit.
- Füge am Ende eine kompakte Zusammenfassung hinzu ("Deine Reise in 3 Sätzen").
# Qualität & Haltung
- Betrachte diesen Prompt als zentral für das Angebotsprofil.
- Antworte fokussiert, aufmerksam und mit vollem Engagement, als würdest du für ein exzellentes Coaching-Konzept großzügig belohnt werden.
# Output Format
- Bewahre eine klare, freundliche und motivierende Sprache.
- Nutze Markdown, wo es sinnvoll ist (z.B. Listen, Abschnittsüberschriften).
- Die Antwort sollte direkt für Klientenkommunikation verwendbar sein.
Setze die Tiefe deiner Argumentation auf mittlerem Niveau an (reasoning_effort=medium), um Klarheit und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.