Die Rolle der HR im 21. Jahrhundert hat sich deutlich gewandelt. Mit Blick auf das Jahr 2020 hat sie sich vom reinen Personalverwaltungsinstrument zu einem strategischen Tool für digitales Learning und ganzheitlichem Employer Branding entwickelt. Heute gilt es nicht nur Kandidaten für eine Jobposition anzusprechen und zu halten, sondern zu Touchpoints der Unternehmensmarke zu machen. Aber wie kann die sogenannte Employee Experience in einem modernen Unternehmen praxisnah verwirklicht werden?
Häufig werden Personaler danach gefragt, welcher Teil der Human Resources sie am meisten begeistert. In den meisten Fällen entscheiden sich die Befragten für jene Bereiche, in denen HR-Einflüsse den größten Impact erzielen und unter einen Oberbegriff fallen, der in Österreich noch recht unbekannt ist: Empowerment. Das bedeutet so viel wie einen gewissen Grad an Autonomie unter den Mitarbeitern, eine Ermächtigung für die Belegschaft. Das Konzept zielt weniger auf die qualitativen Stärken der Belegschaft ab, sondern richtet sich aktivierend auf deren Willen und Motivation. Gestaltungsspielräume und Ressourcen sollen durch die Mitarbeiter besser wahrgenommen und genutzt werden.
Was zunächst noch ein wenig nach flachen Hierarchien klingt, ist tatsächlich wissenschaftlich erforscht. So gibt es schon seit langem Erhebungen, welche auf die positiven Auswirkungen dieser Strategie hinweisen. Im Endeffekt erhöht sich die proaktive Zielsetzung und Zielstrebigkeit der Belegschaft. Dennoch ist diese Denkschule für viele Entscheider – nicht ganz unberechtigt – eine knifflige Aufgabe, besonders wenn man ein gutes Maß an Qualitätskontrolle an den Tag legt. Denn bei vielen Unternehmen beginnt die Problematik schon damit, dass sie häufig ihre eigene Belegschaft gar nicht kennen. Wo also anfangen, wenn man die Belegschaft und potentielle Kandidaten im digitalen Zeitalter erreichen will?
Steigende Vernetzung erhöht die Transparenz
Leider hängen aber viele Betriebe im deutschsprachigen Raum immer noch in der Digitalisierung hinterher, obgleich sie ein wenig aufgeholt haben im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn. Dies schlägt sich auch in der mangelnden Vernetzung zur eigenen Belegschaft nieder. Als Beispiel sei genannt, dass viele Firmen bis heute kein einheitliches Headcount-Planning aufziehen können. Freilich besitzen die einzelnen Geschäftsniederlassungen separate Payroll-Systeme mit einem gewissen Satz an Stammdaten – sie sind aber nicht global übergreifend miteinander vernetzt. Es gibt also keine simplen Headcount-Zahlen einfach auf Knopfdruck. Wenn das Personalmanagement also schon bei solch simpel anmutenden Aufgaben in der Technik hadert, wie soll dann das sogenannte Empowerment erreicht werden?
Dabei müssen sich gerade in der Open Economy Unternehmen öffnen und einen Wissenstransfer ermöglichen. Doch genau das ist der Knackpunkt, der vermutlich auch dafür sorgt, dass so viele Firmen Probleme mit Transparenz haben. Denn je vernetzter die Geschäftsstellen sind, umso höher werden die Sicherheitsrisiken im Bereich Datenmanagement. Daher ist die Skepsis der Entscheider ein wenig nachvollziehbar. Die Open Economy geht nämlich auch mit der Öffnung der klassischen Arbeitsverhältnisse einher. Statt langfristiger Verträge wird es immer mehr Freelancer geben. Dies kommt den Unternehmen einerseits entgegen, da sie so agiler arbeiten können – zugleich besteht die Gefahr, dass durch die steigende Fluktuation und mangelnde Bindung an die Organisation interne Informationen nach außen gelangen könnten. Auch hier kann Empowerment für eine bessere Bindung und Loyalität sorgen, denn auf die Open Economy steuert Österreich ohnehin schon zu – ganz gleich, ob man will oder nicht. Mit der Future of Work, vom 27. bis zum 28. März in Stegersbach haben Manager und Personaler die Chance über ihre Vernetzung und Transparenz in der Arbeitsorganisation nachzudenken. Als kleiner Denkanstoß deswegen schon mal einige Tipps, wie man besser den Kontakt zu seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen findet.
1. Diversity: Unterschiede machen den Unterschied
Ein wichtiger Teil in der Kommunikation mit der Belegschaft entsteht durch den Austausch und die Vielfalt: Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund erhalten heutzutage immer noch weniger Chancen sich im Beruf zu behaupten. Manager müssen die Chancengleichheit und Vielfalt im Unternehmen daher auch in einer Art und Weise fördern, dass sie nicht nur nach drinnen, sondern auch nach draußen eine Botschaft senden. Können junge und qualifizierte Fachkräfte sich damit identifizieren? Zeigt die Unternehmenssprache echte Möglichkeiten für eine integrative Atmosphäre oder enthält sie nur eine pauschale Aussage zur Chancengleichheit? Wenn Sie sich kritisch mit diesen Aspekten auseinandersetzen, können Sie Ihr Unternehmen besser vermarkten, die Breite der von Ihnen gewünschten Kandidaten ermitteln und eine leistungsfähigere Belegschaft schaffen. Und mal ganz nebenbei ist es auch einfach nur fair.
2. Vorhersage und Reaktion auf Marktveränderungen
Change Management ist auch für das Empowerment relevant. Unternehmen müssen schließlich auch externe Faktoren (wie soziale, politische und marktwirtschaftliche Veränderungen) im Auge behalten, die sich auf ihre Mitarbeiter auswirken könnten. Es muss sichergestellt werden, dass die Geschäftsführung auf diese externen Veränderungen proaktiv reagiert. Ein Beispiel wäre die #MeToo-Bewegung, wonach Unternehmen eine offene Kommunikation betreiben um sicherzustellen, dass es keine Tabuthemen gibt und soziales Fehlverhalten von Mitarbeitern zur Sprache gebracht werden kann. All dies gibt dem Betrieb auch ein Gefühl von Sicherheit und Ehrlichkeit.
3. Führen Sie ein Audit in der Führungsebene durch
Abschließend ist es wichtig, auch über das Leadership nachzudenken. Manager fallen manchmal in verschiedene Rollenmuster: Beispielsweise könnten sie versuchen des Mitarbeiters bester Kumpel zu sein oder sind wahlweise der überstrenge Richter, der nur an seine eigene Karriere denkt. Wenn man sich als sogenannter Buddy-Manager aufstellt, ist man natürlich immer ein guter Ansprechpartner für das Team. Wenn aber unangenehme Entscheidungen anstehen, kann es sehr ungemütlich werden und der zuvor überaus nette Chef steht plötzlich als vermeintlicher Blender und Heuchler dar. Ein ebenso elitärer Manager macht zwar keinen Hehl daraus, dass er auch harte Entscheidungen treffen kann, aber meist sind solche Vorgesetzten einer der häufigsten Gründe, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Niemand will einen Tyrannen oder Egomanen als Vorgesetzten haben. Es kommt auf die goldene Mitte an. Fordern und fördern sollte das Motto sein.
4. „Ermächtigen“ Sie eine Kultur der Innovation
Um eine Kultur der Innovation zu etablieren, müssen Manager zunächst ihre wichtigsten Anforderungen und Kernkompetenzen definieren. In einigen Unternehmen liegt der Schwerpunkt beispielsweise auf Produkt- oder Serviceinnovation. Ziel ist es, bestehende Lösungen durch Verbesserungen mithilfe digitaler Schnittstellen oder dem Machine Learning aufzuwerten. Andere Unternehmen agieren in stabilen Märkten, unterliegen jedoch starken Veränderungen bei Mitarbeitern und Prozessen, was wiederum operative Innovation
erfordert. Keiner der Ansätze ist richtig oder falsch, aber alle Unternehmen sollten ihre Herangehensweise auf ihre Mitarbeiter und Prozessen übertragen, um ihr Potenzial zu maximieren.
Bei dem 2-tägigen Future of Work Kongress steht vor allem der intensive Austausch zwischen den HR-Managern im Vordergrund. In Workshops werden diese und andere Themen von Fachexperten anmoderiert und dann in kleinem Rahmen diskutiert. So sollen konkrete Lösungsansätze erarbeitet und eine Road Map für das eigene Unternehmen skizziert werden. Durch das Open-Space-Prinzip hat jeder Teilnehmer die Möglichkeit – jederzeit, beliebig oft – Raum und Thema zu wechseln. Oder anders ausgedrückt: Empower Your People!
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