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AI-gestützte UX als Gamechanger in der Smart Factory

Ein LSZ-Interview mit Thomas Linde (KEBA Group) am 6.3.25, Foto: Shutterstock

AI-gestützte UX als Gamechanger der Smart Factory – Ein LSZ-Interview mit Thomas Linde (KEBA)

Die Smart Factory der Zukunft setzt auf Künstliche Intelligenz – aber wie gelingt der Spagat zwischen Innovation und praktischer Anwendbarkeit? Thomas Linde, CIO von KEBA, gibt im LSZ-Interview spannende Einblicke in die Potenziale von AI-gestützter User Experience (AI-UX), den Umgang mit Fachkräftemangel und die entscheidende Rolle der Mensch-Maschine-Interaktion.

Thomas Linde KEBA
Foto: Thomas Linde, CIO von KEBA  ©KEBA

AI-UX: Der Schlüssel zu Effizienz und Produktivität

„Die Potenziale von KI in der Smart Factory sind enorm“, betont Linde. Besonders im Fokus steht dabei die Unterstützung der Mitarbeitenden in der Produktion, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels. „Viele erfahrene Fachkräfte gehen in Rente, und das jahrzehntelang gesammelte Wissen droht verloren zu gehen. KI kann helfen, dieses Wissen zu bewahren und in digitale Assistenzsysteme zu übertragen.“

Doch Linde sieht auch klare Grenzen: „KI in der Produktion muss absolut zuverlässig sein. An einer Maschine können wir uns keine fehlerhaften Entscheidungen leisten – Echtzeitfähigkeit und Stabilität sind essenziell.“ Eine cloudbasierte KI, die mit Verzögerung reagiert oder gar „halluziniert“, kommt in einem industriellen Umfeld nicht in Frage.

Von der Technologie zum Menschen – KEBA’s nutzerzentrierter Ansatz

KEBA setzt bewusst auf einen menschenzentrierten Entwicklungsansatz. „Wir starten nicht bei der Technologie, sondern bei den Menschen, die mit ihr arbeiten“, erklärt Linde. Erst im zweiten Schritt wird überlegt, welche technologischen Lösungen am besten geeignet sind.

Ein wichtiger Faktor ist dabei die Bedienbarkeit: „Viele Maschineninterfaces sind heute noch überladen und kompliziert. Unser Ziel ist es, die Interaktion so intuitiv wie möglich zu gestalten – idealerweise so, dass sich der Nutzer gar nicht erst einarbeiten muss.“ Besonders Sprachsteuerung und KI-gestützte Assistenzsysteme spielen hier eine Rolle. Sie sollen es auch ungelernten Arbeitskräften ermöglichen, schnell produktiv zu werden – ein entscheidender Vorteil angesichts knapper Personalressourcen.

Thomas Linde können Sie live auf der Bühne bei der Production & IT-Konferenz am 13. März in Linz erleben sowie beim CIO-Kongress vom 12.-14. Oktober in Loipersdorf!

Akzeptanz durch positive Erlebnisse schaffen

Wie reagieren Mitarbeitende auf neue Technologien? Besonders erfahrene Werker:innen sind oft skeptisch. „Ich würde das nicht als Angst vor Veränderung bezeichnen, sondern eher als Unsicherheit“, so Linde. Hier kommt AI-UX ins Spiel: „Aber wenn jemand durch eine KI-gestützte Assistenz eine Maschine in wenigen Minuten wieder zum Laufen bringt, wird er die Technologie nicht mehr missen wollen.“

Linde sieht einen gewissen Generationenunterschied: „Jüngere Mitarbeiter:innen sind den Umgang mit digitalen Assistenten gewohnt und erwarten intuitive Systeme. Ältere Beschäftigte hingegen brauchen oft mehr Zeit, um sich an neue Konzepte zu gewöhnen, sich vom Gewohnten zu verabschieden – aber wenn sie merken, dass eine Lösung ihren Arbeitsalltag wirklich erleichtert, entsteht Akzeptanz fast automatisch.“

Gamechanger für die Industrie: Individualisierte Massenproduktion

Die nächsten Jahre werden laut Linde eine schrittweise Evolution der Smart Factory bringen – mit einer großen Ausnahme: „Der Gamechanger wird die Möglichkeit sein, hochindividualisierte Produkte in Losgröße 1 mit minimalem Personalaufwand zu fertigen.“

Er verweist auf internationale Vorreiter: In Asien und den USA gibt es bereits Produktionslinien, die individualisierte Produkte in Serie herstellen – etwa maßgeschneiderte Kleidung oder personalisierte Kosmetikprodukte. Das Ziel: Automatisierung so weit voranzutreiben, dass solche Produkte zum selben Preis und in der gleichen Zeit produziert werden können wie Standardware.

Diese Entwicklung könnte langfristig auch den Standort Europa stärken. „Wenn wir individualisierte Produkte automatisiert und kosteneffizient fertigen können, entstehen neue Chancen für die heimische Produktion – kurze Lieferwege, schnelle Anpassung an Kundenwünsche, effiziente Fertigung und reduzierte Logistikkosten wären enorme Vorteile.“

Fazit: KI als Chance für Europa

Linde sieht die europäischen Unternehmen in der Verantwortung, diese Technologien aktiv zu nutzen: „Wir müssen KI nicht als Bedrohung, sondern als riesige Chance verstehen. Es geht nicht darum, Arbeitsplätze zu ersetzen, sondern darum, Menschen in der Produktion bestmöglich zu unterstützen und produktiver zu machen.“

Europa habe nach wie vor großes Innovationspotenzial: „Wir haben die technische Expertise, um KI in reale industrielle Anwendungen zu überführen. Die Frage ist nicht, ob wir es können – sondern ob wir den Mut haben, es auch zu tun.“

Thomas Linde können Sie live auf der Bühne bei der Production & IT-Konferenz am 13. März in Linz erleben sowie beim CIO-Kongress vom 12.-14. Oktober in Loipersdorf!