Assoz.-Prof. Mag. Dr. PD
Medizinische Universität Innsbruck
Associate Professor, Health & Clinical Psychology
Kann KI dem Glück auf die Sprünge helfen?
Vom 10. bis 13. Juli treffen sich internationale ExpertInnen und rund 1.200 TeilnehmerInnen aus 55 Ländern bei der „Glückstagung“ in Innsbruck, um über Wohlbefinden im Job, Chancen und Gefahren von Künstlicher Intelligenz als Glückscoach und den Wert der Hoffnung in den aktuellen Krisen- und Kriegszeiten zu diskutieren. Im Mittelpunkt der Tagung, die von Stefan Höfer (Medizinische Universität Innsbruck) organisiert wird, steht die Bedeutung der Gemeinschaft für das Individuum.
nnsbruck, 4. Juli 2024: „Selbst ein Eremit hat einmal andere Menschen gebraucht, um Eremit werden zu können. Wir brauchen immer andere Menschen, um zu dem zu werden, wer wir sind.“ Das sagt Stefan Höfer, Mitorganisator der Europäischen Konferenz für Positive Psychologie, die vom 10. bis 13. Juli 2024 am Campus SoWi der Universität Innsbruck abgehalten wird. In diesem Sinne steht das Thema It’s you, it’s me, it’s us als gemeinsamer Nenner im Zentrum aller Vorträge der Veranstaltung, zu der sich bisher bereits rund 1.200 TeilnehmerInnen aus 55 Ländern angemeldet haben.
Die elfte, auch als „Glückstagung“ bekannte Konferenz ist damit die bisher größte. Höfer, Gesundheitspsychologe an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II der Medizinischen Universität Innsbruck, erklärt sich das erstarkte Interesse an Wohlbefinden und Glück mit den anstrengenden vergangenen Jahren und den aktuellen geopolitischen Krisen, die es erfordern, den Umgang der Menschen miteinander zu überdenken. „Der Trend, das Ich voranzustellen – die Glücksbestrebung durch Selbstoptimierung – mag legitim sein. Das Wichtigste für unser Sein und damit auch für unser Glücklichsein ist aber die andere Person und das ist gleichzeitig die Herausforderung“, streicht er die Bedeutung der Gemeinschaft für das Individuum hervor. Darum geht es auch dem US-Soziologen Corey Keyes, der als Mitbegründer der Positiven Psychologie gilt. Er wird in seinem Vortrag über Selbstwirksamkeit sprechen, die entsteht, wenn Menschen ihre eigenen, bereits vorhandenen Talente, Stärken und Fähigkeiten erkennen, weiterentwickeln und für sich und die Gesellschaft nutzen. „In dem Bewusstsein, dass man andere Menschen immer brauchen wird, eröffnet diese Selbstwirksamkeit gleichzeitig einen Handlungsspielraum, in dem man das eigene Glücksempfinden nicht mehr von ihnen abhängig machen muss“, erläutert Höfer.
Mit KI zu Glück und Wohlbefinden?
Diese Idee steckt auch hinter einem auf Künstlicher Intelligenz basierenden Stärken-Trainingsprogramm, das vom US-Institut VIA character strength bei der Tagung präsentiert wird. Der US-Psychologe Robert McGrath, der als Berater bei der Entwicklung des Stärken-Algorithmus mitgewirkt hat, wird sich mit Huma Shah, Expertin für AI, Robotics und Ethik in London, bei der Eröffnungsrunde der Diskussion stellen, ob Technologie das Wohlbefinden der Menschen verbessern kann. Moderiert wird die Debatte von Claudia Prettner. Die aus Tirol stammende Juristin hat an der EU-Gesetzgebung zur Künstlichen Intelligenz mitgewirkt.
Viele KI-Tools zielen mittlerweile darauf ab, eine zwischenmenschliche Beziehung herzustellen bzw. eine reale menschliche Beziehung mit virtuellen Chatbots zu ersetzen – seien es virtuelle FreundInnen oder PartnerInnen gegen die Einsamkeit oder auch AI Coaches, die ein stückweit die psychologische Beratung übernehmen sollen. Während die einen die Technologie feiern und darin eine Chance sehen, dem Mangel an PsychotherapeutInnen beizukommen, beobachten andere die Entwicklung kritisch. Viele Fragen seien noch nicht ausreichend geklärt, etwa die der Verantwortung, wenn ein Chatbot auf Menschen in Krisensituationen nicht adäquat reagiert, sagt Höfer. Mehr als Antworten erwartet er von der Tagung aber, dass Denkprozesse angestoßen werden und dass die KonferenzteilnehmerInnen ihre unterschiedlichen kulturellen Perspektiven in die Debatte einbringen. Denn auch über die Gefahr einer digitalen Kolonialisierungswelle ausgehend von einer westlich zentrierten Glücksvorstellung müsse gesprochen werden. Eine „amerikanisierte kommerzielle Happiness-Ideologie“ könnte Menschen aus anderen Kulturkreisen übergestülpt werden.