Die Marshmallow-Design-Challenge von Peter Skillman belegt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, ohne Hemmungen und mit freiem Blick eine Aufgabe zu meistern. Viel zu oft steht uns aber unser eigener Perfektionismus und die Angst zu versagen im Weg. Besonders in der Kundenorientierung wollen wir alles perfekt machen. Die eigenen Scheuklappen verhindern aber oft radikal neue – und mitunter viel zielführendere – Lösungen. Um über sich hinauszuwachsen und höhere Kunden-Marshmallow-Türme zu errichten, habe ich ein paar Anregungen für Sie zusammengetragen.
Die Idee hinter den Marshmallow-Türmen
Wenig Ressourcen, wenig Zeit und ein hoher Erfolgsdruck. Wir alle kennen das Dilemma. Für Kunden wollen wir unser Letztes geben, um sie zufrieden zu stellen. Oft haben wir dabei aber genau diese Einschränkungen: Zeit, Ressourcen und Erfolgsdruck. Bei der Marshmallow Challenge bekommt man genau 18 Minuten Zeit, beschränkte Materialien (darunter ein Marshmallow, 20 rohe Spaghetti) und als Team eine gemeinsame Aufgabe: den höchsten Turm zu bauen.
Was glauben Sie nun, wer bei dieser Aufgabe am besten abschneidet? Sie haben folgende Auswahl zur Verfügung: Wirtschaftsstudenten, CEOs, Anwälte, MBA-Studenten und Kindergartenkinder.
- Die Wirtschaftsstudenten schnitten am schlechtesten ab – mit 25cm
- CEOs: bauten im Durchschnitt 53cm hohe Türme
- Anwälte: schafften 38cm
- MBA-Studenten: verbrachten die meiste Zeit, um den Spaghetti-CEO festzulegen
- Kindergartenkinder: die absoluten Sieger mit 68cm!
Was uns Kindergartenkinder für unsere Kundenorientierungs-Projekte mitgeben
Skillman untersuchte die Hintergründe akribisch, um diese Ergebnisse zur erklären. Ich möchte seine Forschungsergebnisse an dieser Stelle noch um mein eigenes Ergebnis erweitern: in einer gemischten Gruppe haben wir es nur auf 35cm gebracht – Sie merken schon: Kinder waren leider keine dabei. Die Gründe, warum die Kinder unschlagbar waren, lassen sich sehr gut auf Kundenorientierungs-Projekte übertragen.
Hier meine Tipps für Ihre unschlagbaren Kundenorientierungs-Maßnahmen:
1. Möge die Macht beim Team sein
Hierarchie und Machtstrukturen sind Kindern fremd. Sie bauen drauf los. In der Gruppe wird nicht lange herumdiskutiert, wer was sagen und tun darf, weil alle Ideen zählen. Leider sehen wir oft, dass gerade beim Thema Kundenorientierung diejenigen Mitarbeiter, die nah am Kunden sind, zu wenig gehört werden im Unternehmen. Ändern Sie das für Ihre Organisation und beziehen Sie viele Mitarbeiter aus unterschiedlichen Hierarchieebenen mit ein – besonders jene, die Kundenkontakt haben. Setzen Sie auf Diversität im Team.
2. „Tun“ Sie doch einmal lösen
Wenn man die Spaghettis und das Marshmallow vor sich beäugt, entstehen sofort Pläne im Kopf. Man kämpft dann im Team darum, seinen Plan auch umsetzen zu können. Doch Hand aufs Herz: wer weiß schon, wie sich die Statik eines Spaghettis mit einem aufgespießten Marshmallow verhält?
Und wer kann schon immer genau wissen, wie die Kunden reagieren, oder was sie sich wirklich innig und von Herzen von Ihren Produkten wünschen? Die Kinder kommen rasch ins Tun und lernen dabei sehr viel – die Spaghetti-Statik ist schnell gelöst. Lösen Sie Ihre Kundenanforderungen ebenso rasch! Mit Experimentieren, Prototyping und Design Thinking – alles agile Ansätze, die neue Lösungsräume für Kunden eröffnen. Es entstehen Dinge, die Sie nie zuvor für möglich gehalten hätten.
3. Achtung, wenn Sie immer der Erste sein wollen
Bei meiner Marshmallow Challenge habe ich viele Spaghetti zerbrochen. Viele unserer Pläne habe nicht funktioniert. In unserer Verzweiflung haben wir dann zu den anderen Teams hinübergeschielt. Und siehe da: die hatten wirklich gute Ideen. Ja, wir haben abgekupfert. Wir haben aber auch gesehen, dass manche Türme zerbrochen sind – und dann haben wir lieber die Finger von diesen Ideen gelassen.
Verbissen hinter verschlossenen Türen an neuen Kundenlösungen zu arbeiten, kann sich als wirkungslos erweisen. Haben Sie den Mut, sich und Ihr Unternehmen zu öffnen. „Schielen“ Sie auf den Markt! Sie werden erstaunt sein, welche Branchen und Unternehmen mit Ihnen im selben Boot sitzen! Oft ist es nur ein kleiner Anstoß, ein Gedankenblitz von anderen ausgelöst, der Ihnen zu einer exzellenten Kundenorientierung verhilft.
4. Drehen Sie doch ein paar Ideen-Loops
Unsere kleinen Marshmallow-Turm-Spezialisten haben also gemeinsam im Team sofort viele Ideen umgesetzt und von den anderen auch ein paar stibitzt. Sie haben gebaut, gelernt, versagt, neu gebaut und noch mehr gelernt … und irgendwann nicht mehr versagt. Dafür wurden sie mit stolzen 68cm zu den Königen der Marshmallow-Türme. Sie haben viele Ideen ausprobiert und verworfen. Mit jedem Loop haben sie immens viel gelernt und sich rasant an die Spitze gearbeitet. Die CEOs, MBAs und Anwälte haben sie damit weit hinter sich gelassen.
Der Erfolg ist die Summe aller Irrtümer. (Thomas A. Edison)
Scheitern ist in Unternehmen gar nicht gern gesehen. Da plant man lieber noch etwas genauer und länger, nur um dann zu riskieren, später direkt am Markt zu scheitern. Mit vollem Karacho. Bevor Ihnen das passiert, scheitern sie „kleiner“, öfter und früher. Ihre Mitarbeiter lernen viel dabei – und wer weiß, vielleicht bauen Sie ja so den höchsten Turm der Kundenzufriedenheit!
Kundenorientierung und Spaghetti-Türme
Kundenorientierung im 21. Jahrhundert folgt anderen Regeln und Prinzipien, als noch im letzten Jahrhundert. Bei der beschriebenen Marshmallow-Challenge von Peter Skillman haben die Kindergartenkinder eine ungeheure Leistung vorgelegt. Das Marshmallow an der Spitze des Spaghetti-Turms ist wie das Tüpfelchen auf dem „i“ oder das Sahnehäubchen. Und genau das macht exzellente Kundenorientierung aus: unseren Kunden unermüdlich „Marshmallows“ anzubieten.
Wenn auch Sie sich auf das Abenteuer der Kundenorientierung im 21. Jahrhundert einlassen möchten, dann sind Sie herzlich eingeladen, unsere Kunde21-Workshops im Rahmen des Kongress „Future of Marketing“ vom 6.-7. März 2019 zu besuchen! Ich freue mich auf ein Kennenlernen.
Alexandra Nagy, MSc., MBA | Geschäftsführung | Kunde21